Tuesday, July 29, 2008

 

* Nachrichten von Europa in Kürze

Militär und Menschenrechte

Großbritannien/Kenia: GB erwägt Abbruch von kenianischer Truppenausbildung, nachdem Fälle von Misshandlung bekannt wurden
The Guardian berichtet, dass einer vom britischen Milit
är ausgebildete kenianischen 20 Para Militäreinheit Folter und Mord vorgeworfen wird, woraufhin das britische Verteidigungsministerium drohe, die Ausbildung einzustellen. Human Rights Watch habe berichtet, dass im März diesen Jahres bei der Bekämpfung der Sabaot Land Defence Force (SLDF), einer brutalen Rebellengruppe in Mount Elgon, die für 600 Tode verantwortlich ist, hunderte von Männern und Minderjährigen gefoltert und Dutzende getötet worden seien. Das britische Verteidigungsministerium fordert die Regierung Kenias auf, zuerst die Vorfälle zu untersuchen und mögliche Täter zur Verantwortung zu ziehen, bevor die Zusammenarbeit fortgesetzt werden soll. Das kenianische Verteidigungsministerium streitet die Vorwürfe ab, die auch von Médecins Sans Frontières und kleineren lokalen NGOs erhoben worden waren.
- The Guardian: "MoD threatens to halt training of Kenyan military over claims of rights abuses"
- Human Rights Watch: "Kenya: Army and Rebel Militia Commit War Crimes in Mt. Elgon"

"Terror"bekämpfung und Menschenrechte

Großbritannien/ USA/ Guantánamo: britischer Geheimdienst soll in Misshandlung von britischem Guantánamohäftling beteiligt gewesen sein
The Guardian berichtet, dass Rechtsanwalt Dinah Rose QC vor dem Obersten Gericht (High Court) im Fall Binyam Mohamed Klage erhoben hat, dass es zur Kaollaboration kam, weil der britische Geheimdienst MI5 und MI6 von der Folter 2002 in Pakistan und sp
äter, weitergeleitet über Afghanistan, in Marokko wusste und von den US-amerikanischen Kollegen unter Folter erpresste Information entgegennahm. Mohamed sei auch direkt durch einen MI5 Agenten (genannt Zeuge "B") zur Mitarbeit erpresst worden unter Androhung weiterer zugelassener Folter. Die Anschuldigungen gegen den Geheimdienst werden von der Menschenrechtsgruppe Reprieve (Begnadigung) unterstützt, die ein 55 Seiten langes Dossier zum Fall erarbeitet hat.
- The Guardian: "Security services are accused of role in detainee's torture"

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Monday, July 28, 2008

 

* Nachrichten von Europa in Kürze

Menschenrechtsverstöße von Oppositionsgruppen

Gro
ßbritannien/Nordirland: neue militante irisch-republikanische Gruppen drohen mit Attacken
The Guardian berichtet, dass Gro
ßbritanniens Geheimservice MI5 zufolge Bedrohungen von Nachfolgeorganisationen der IRA wachsen. Demnach planen die "Continuity Irish Republican Army (CIRA)" und die "Real IRA", zu denen etwa 80 ernstzunehmende Akteure zählen, die Ermordung zumindest eines katholischen Polizisten zur Abschreckung und haben beispielsweise am 14 Juni einen Minenangriff auf Polizeieinheiten der Police Service of Northern Ireland (PSNI) in Rosslea in County Fermanagh versucht.
- The Guardian: "MI5 targets dissidents as Irish terror threat grows"

"Terror"bekämpfung und Menschenrechte

Großbritannien/Irak: Untersuchung zu Foltervorwürfen (2003)
The Independent zufolge will der britische Verteidigungsminister Des Browne Anschuldigungen vom parlamentarischen Menschenrechtskomittee (Joint Committee of Human Rights) öffentlich untersuchen lassen. Das Komitte wirft dem Verteidigungsminister Adam Ingram (2004) und dem kommandierenden Obergeneral Robin Brims (2006) vor, in zwei Anhörungen behauptet zu haben, dass Kopfverhüllungen (hooding) und andere verbotene Techniken ("conditioning" techniques) von britischen Truppen im Irak nicht angewendet würden. Bisherige Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Tod des Folteropfers Baha Mousa von 2003 und anderen Fällen von Folter in der Zeit hatten erwiesen, dass diese Zusicherungen falsch waren.
- The Independent: "MPs 'misled over army torture'"

Asyl und Einwanderung

Italien: Regierung erklärt Flüchtlingsnotstand
Die Sueddeutsche Zeitung berichtet, dass die italienische Regierung einen landesweiten Flüchtlingsnotstand erkl
ärt hat. Laut Regierung soll er dazu dienen, wie die Sueddeutsche den Innenminister Roberto Maroni zitiert,: "den Fremden eine menschliche Behandlung zu garantieren", indem landesweit der Aufbau von Flüchtlingslagern gefördert wird. Menschenrechtsorganisationen, der Vatikan und die Opposition bleiben allerdings wegen der Rechte von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migranten besorgt.
- Sueddeutsche Zeitung: "llegale Einwanderer - Italien ruft Notstand aus"
- Die Zeit: "Italien ruft den Notstand aus" (26. Juli)
- Frankfurter Rundschau: "Berlusconis Notstand"
- netzeitung: "Berlusconi ruft Flüchtlings-Notstand aus" (27. Juli)

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Wednesday, July 23, 2008

 

* Haftbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland

Programm / Einladung
Haftbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland
Öffentliche Anhörung zu Gefängnispolitik und Knastalltag
Komitee für Grundrechte und Demokratie
in Kooperation mit der Werner-Holtfort-Stiftung
19. bis 21. September 2008 in Bonn

Haftbedingungen 2008: Politische, rechtliche und empirische Grundlagen

Die Auswirkungen der aktuellen Justiz- und Kriminalpolitik auf den Strafvollzug sowie die haftinternen Entwicklungen in den bundesdeutschen Justizvollzugsanstalten stehen im Mittelpunkt der Tagung.

Föderalismusreform, Zunahme der Gefangenenrate, längere Verbüßungszeiten, Ausweitungen des Verwahr-
vollzugs, Überbelegungen, starke Rückgänge bei Vollzugslockerungen ... dies sind nur einige Stichworte, die die heutigen Haftbedingungen kennzeichnen. Selbst die im 1977er Strafvollzugsgesetz enthaltenen zarten Ansätze eines auf „Resozialisierung“ orientierten Vollzuges werden zurückgenommen. „Sicherheit zuerst“ lautet die Devise herrschender Kriminalpolitik. Welche Folgen hat die aktuell verfehlte Gefängnispolitik auf die betroffenen Menschen und zumindest langfristig für die Gesellschaft insgesamt? Welche Herausfor-
derungen stellen sich einer menschenrechtsorientierten Gegenbewegung?

Anmeldungen bitte mit Karte (aus Postversand) oder formlos an
Komitee für Grundrechte und Demokratie:

Aquinostr. 7-11
50670 Köln

Tel.: 0221-9726920
Mail: info@grundrechtekomitee.de


Tagungsort: CJD-Haus Bonn, Graurheindorfer Str. 149 /
Aula St. Agnes Domizil, Graurheindorfer Str. 151, 53111 Bonn / www.cjd-bonn.de

Teilnahmekosten incl. Vollverpflegung:

EZ 160,- / DZ 140,- / Tagesgast oh. Ü/F 70,- Euro; Stud. u.ä.: Ermäßigung auf Anfrage
Konto: 8024618, Volksbank Odenwald, BLZ: 50863513, Stichwort „Tagung 2008“
(Wegbeschreibung folgt mit Tagungsunterlagen/Anmeldebestätigung)

Freitag, 19. September 2008

Bis 17.00 Uhr: Anreise
- 17.00 Uhr: Begrüßung und Einführung
- 18.00 Uhr: Abendessen
- 19.00 Uhr: Entwicklungen in Kriminalpolitik, Strafrecht und Justizvollzug
Helmut Pollähne, Rechtsanwalt und Kriminalwissenschaftler in Bremen
anschließend Diskussion im Plenum

Samstag, 20. September 2008

- 9.00 Uhr: Forum 1 – Strukturelle Haftbedingungen (Gefängnispolitik)
Privatisierung, Föderalisierung, „in dubio pro securitate“, Exklusion, Rechtsschutzdefizite ...
Johannes Feest, Leiter des Strafvollzugsarchivs an der Universität Bremen
Elke Bahl, Geschäftsführerin der Bremischen Straffälligenbetreuung
Wolfgang Lesting, Richter am OLG Oldenburg
Moderation: Oliver Brüchert, Soziologe, Universität Frankfurt
- 11.15 Uhr: Forum 2 – Konkrete Haftbedingungen (Knastalltag)
Überwachung, Reglementierung, besondere Gewaltverhältnisse, Einschluss, Überbelegung ...
Miriam Gruß, Richterin am OLG Frankfurt/M.
Sebastian Scharmer, Rechtsanwalt, Berlin
Klaus Jünschke, Kölner Appell gegen Rassismus
Sven Born, Redaktion blickpunkt, JVA Hamburg (angefragt)
Eva Schaaf, Pfarrerin an der JVA Köln
Moderation: Martin Singe, Komitee für Grundrechte und Demokratie, Köln
- 13.15 Uhr: Mittagessen
- 14.30 Uhr: Forum 3 – Besondere Haftbedingungen (Politik und Alltag)
Sicherungsverwahrung, Lebenslänglich, Untersuchungshaft, Frauenknast ...
Ines Woynar, Rechtsanwältin, Hamburg
Barbara Klawitter, Rechtsanwältin, Hannover
Gabriele Scheffler, Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe, Bonn
Moderation: Helmut Pollähne, Bremen
- 16.00 Uhr: Kaffee-Pause
- 16.30 Uhr: Parallele Arbeitsgruppen
(AG 1, 2 und 3 mit den Referentinnen u. Referenten der Foren)
AG 1: Strukturelle Haftbedingungen (Gefängnispolitik)
AG 2: Konkrete Haftbedingungen (Knastalltag)
AG 3: Besondere Haftbedingungen (Politik und Alltag)
AG 4: Jugendstrafvollzug
AG 5: AG nach evtl. spezifischem Teilnehmenden-Interesse
- 19.00 Uhr: Abendessen
- 20.30 Uhr-21.00 Uhr: Angebot Abendprogramm:
Lesung mit Klaus Jünschke aus:
„Pop Shop – Jugendliche in Haft“

Sonntag, 21. September 2008

Haftbedingungen 2008 Gehörtes und Unerhörtes
Politische und praktische Perspektiven: Herausforderungen für eine Umkehrung menschenrechtswidriger Entwicklungen in der Gefängnispolitik
- 9.30 Uhr:
Einleitende Statements und Plenumsdebatte unter Einbeziehung der Ergebnisse aus den Fo-
ren und Arbeitsgruppen:
Gabriele Klocke, Rechtslinguistin und Kriminologin, Regensburg
Wolf-Dieter Narr, Hochschullehrer, Politologe, Berlin
Moderation: Helmut Pollähne
- 12.00 Uhr: Mittagessen und Tagungsende

PDF zum Ausdrucken und Verbreiten

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* Baha Mousa

candleBritisches Verteidigungsministerium willigt ein, irakische Folteropfer zu entschädigen
Amnesty International, Nachricht vom 14. Juli 2008

Die Familie eines irakischen Hotelempfangsmanns, der starb, als er in seiner Haft durch britischen Truppen in Basra im Irak 36 Stunden lang gefoltert worden war, wird eine Entschädigung vom britischen Verteidigungsministerium erhalten.

In Anerkennung der groben Menschenrechtsverstöße, denen er und andere mit ihm zu der Zeit durch Angehörige des britischen Militärs ausgesetzt waren, werden rund £ 3 Millionen ausbezahlt.

Baha Mousa, ein 26 Jahre alter Vater von zwei Kindern, starb im September 2003. Eine Autopsie stellte 93 verschiedene Verletzungen am Körper fest. Etliche Iraker, die im selben Zeitraum in Haft waren, waren auch gefoltert und misshandelt worden.

Am Donnerstag, den 10. Juli, wurde bekanntgegeben, dass die Kompensationssumme sich auf £ 2,83 Millionen ($ 5,59 Millionen) belaufen wird, aufzuteilen unter der Familie von Baha Mousa und von neun anderen Männern, die mit ihm in Haft gewesen waren.

Laut Rechtsanwälten, die für ihn die Entschädigungsklage betrieben hatten, kommentierte Baha Mousas Vater, Oberst Daoud Mousa, vormals Oberst in der irakischen Polizei, die Kompensationszahlung mit den Worten: "Der Tod meines Sohnes steht mir jeden Tag meines Lebens vor Augen. Die heutige Entscheidung wird diesen Schmerz etwas lindern und wird helfen, dass seine Kinder und meine Enkel ihr Leben wieder aufbauen können."

Amnesty International sagte, dass diese Entscheidung zur Entschädigung eine notwendige, wenn auch äusserst spät geleistete Anerkennung der schwerwiegenden Menschenrechtsverstöße sei, denen Baha Mousa und seine Mitgefangenen ausgesetzt waren; sie seien ein Schritt zur Wiedergutmachung.

Amnesty International setzt sich dafür ein, dass Großbritannien eine wirklich umfassende, unabhängige, unparteiische und gründliche Untersuchung sämtlicher Umstände der Folter und des Tods Baha Mousas und der Folterung der anderen irakischen Mitgefangenen durchführt. Im Mai 2008 gab das Verteidigungsministerium bekannt, dass eine öffentliche Untersuchung stattfinden solle. Die Rahmenbedingungen der Untersuchung müssen noch bekannt gegeben werden, es wurde jedoch bestätigt, dass sie im Rahmen des Untersuchungsgesetzes von 2005 (Inquiries Act 2005) abgehalten werden. Amnesty International ist seit langem der Meinung, dass jede Untersuchung schwerer Menschenrechtsverstöße, die nach diesem Gesetz abgehalten wird, von der Regierung nicht unabhängig genug ist, um den Standards für Untersuchungen zu genügen, wie sie vom Völkerrecht gefordert werden.

Übersetzt vom englischsprachigen allein verbindlichen Original: "UK Ministry of Defence agrees to compensate Iraqi torture victims" von Amnesty International vom 14. Juli 2008

weitere Amnesty International Dokumente zum Thema:
- Baha Mousa’s death / UK government announces a public inquiry
im online Magazin "the wire", July 2008. Vol. 38, No. 6
- UK inquiry into torture and death of Iraqi in UK custody must be independent (16. Mai 2008)

siehe auch:
- Neue Zürcher Zeitung: "London zahlt gefolterten Irakern hohe Entschädigung" (11. Juli 2008)
- Zum Fall Baha Mousa

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Tuesday, July 22, 2008

 

* Nachrichten von Europa in Kürze

Ächtung von Folter

Berichte und Vorbemerkungen vom Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT)
- Liechtenstein (3. Juli 2008)
Bericht
Übersetzung
Stellungnahme der Regierung
- Finnland (10. Juni 2008)
Vorbemerkungen

Großbritannien: Gremium zweifelt an US-amerikanische Zusagen wegen Folter
Die New York Times berichtete am 21. Juli, dass das parlamentarische Auslandskomitee (Foreign Affairs Committee of the House of Commons) empfiehlt, Zusagen der US-amerikanischen Regierung nicht zur Grundlage für Auslieferungsentscheide anzuerkennen, weil die Regierung der USA erwiesenermaßen Folter zulässt.
- New York Times: "British Panel Doubts U.S. on Torture"

"Terror"bekämpfung und Menschenrechte

Deutschland: Schilys Verwicklungen im Fall El Masri
Die Frankfurter Rundschau rollt den Fall des im Mai 2004 nach Afghanistan zwangsverschleppten und gefolterten Khaled El Masri auf, nachdem die amerikanische Autorin Jane Mayer in ihrem Buch "Die dunkle Seite" Gespräche zwischen Otto Schily und dem vormaligen US-Botschafter in der Sache zitiert, die auf mehr Mitwisser- und täterschaft seitens des früheren Bundesinnenministers deuten, als bisher eingestanden.
- Frankfurter Rundschau: "Schily und das Schweigen"

Polizeigewalt

Schweiz: Medizinisches Gutachten belastet Polizei Bei Erstickungstod
Die Neue Zürcher Zeitung berichtete am 27. Juni 2008, dass ein 41-jähriger Mann in Fislibach im Aargau am 11. September 2007 erstickte, als zwei Polizisten ihn in Bauchlage mit auf dem Rücken gefesselten Händen niederdrückten. Untersuchungsrichter Beat Richner rechnet damit, dass eine Untersuchung in den Vorfall auf eine Anklage der Beamten hinauslaufen wird.
- Neue Zürcher Zeitung: "Mann im Aargau bei der Verhaftung erstickt"

Frankreich: Human Rights Watch kritisiert Terrorabwehrmethoden
Die Neue Zürcher Zeitung weist auf den Bericht von Human Rights Watch vom 2. Juli 2008 hin, in der Polizei- und Geheimdienstpraktiken und die ihnen zurgundeliegenden Gesetze angeprangert werden. Kritisiert werden unter anderem ungebührlich lange Zeiten von Haft ohne Anklage, vage Anklage sogenannter "kriminellen Vereinigung zwecks terroristischer Anschläge" (association de malfaiteurs), exzessiven Verhörlängen, Schlafentzug, inszenierte Orientierungslosigkeit und psychologisches unter Druck setzen. Es gibt auch Hinweise auf Fälle von ausdrücklicher Misshandlung.
- Neue Zürcher Zeitung: "Frankreichs Praktiken bei der Terrorabwehr kritisiert" vom 3. Juli 2008
- Human Rights Watch: "Preempting Justice - Counterterrorism Laws and Procedures in France"

Asyl und Einwanderung

Pro Asyl Aufruf: Jahr für Jahr Tausende Tote an Europas Grenzen: Stoppt das Sterben!
● Stoppt das Sterben! Menschenrechtswidrige FRONTEX-Einsätze sind einzustellen!
● Menschenleben müssen gerettet werden. Wenn jemand vor unseren Augen zu ertrinken droht, müssen wir helfen.
● Flüchtlinge müssen geschützt werden. Der Zugang zu einem fairen Asylverfahren in Europa ist zu gewährleisten. Die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention müssen eingehalten werden.

- Gesamter Aufruf als PDF-Download

Schutz vor Diskriminierung und von Minderheiten

Italien: Datenerfassung von Roma
Die New York Times berichtete am 19. Juli 2008, dass die italienischen Behörden unter Mithilfe des Roten Kreuzes (ICRC) angefangen haben, alle Roma zu registrieren und zu zählen. Allerdings sollen Fingerabdrücke nur bei Verdacht auf Straftaten abgenommen werden, entgegen der Ankündigung des Präsidenten Berlusconi, dieser Prozedur allen Romas zu unterziehen.
- New York Times: "Italy: Census of Gypsies Begins"
- The Independent: "World Focus: Italians and the Gypsies – an old prejudice revived" 18. Juli 2008

Italien: Leichen ertrunkener Kinder beim Baden ignoriert
Berichte in Medien über den Ertrinkungstod zweier Kinder am Strand von Neapel werfen neben der traurigen Betrachtung menschlicher Gleichgültigkeit gegenüber Toten, zumal Kindern, hauptsächlich die Frage auf, ob die Nachlässigkeit der Behörden, die die Kinderleichen drei Stunden lang unbetreut und ungeborgen liegen ließen, aus der Diskriminierung von Roma her motiviert war. In jedem Falle ist es ein erschütterndes Beispiel verletzter Menschenwürde.
- The Independent: "The picture that shames Italy"
- Sueddeutsche Zeitung: "Sonnenbad neben Leichen"

Haftbedingungen

Die Sueddeutsche Zeitung berichtet über unwürdige Haftbedingungen in europäischen Gefängnissen
- Sueddeutsche Zeitung: "Häftlinge schlafen in Toiletten"

Menschenrechtsverstöße von Oppositionsgruppen

Spanien: mutmaßliche Gewalttäter der ETA verhaftet
Die Berliner Zeitung berichtet, dass die Polizei in mehreren Orten im Baskenland bei einer Razzia Dienstagnacht acht mutmaßliche Gewalttäter aus der baskischen Untergrundorganisation ETA festgenmmen habe, darunter auch Arkaitz Goikoetxea, mutmaßlicher Kommandochef der Aktion Vizcaya, der die meisten Bombenattentate seit dem 2. Juni 2007 angelastet werden, bei denen auch ein Polizist ums Leben kam.
- Berliner Zeitung: "Spanische Polizei zerschlägt ETA-Terrorkommando"
- Tagesspiegel: "Eta-Kommando zerschlagen"
- Sueddeutsche Zeitung: "ETA-Kommando zerschlagen"
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Eta-Kommando zerschlagen"
- Die Zeit: "Terrorismus: Schlag gegen die Eta"
- Frankfurter Rundschau: "Spanische Polizei zerschlägt Terrorkommando"

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Wednesday, July 16, 2008

 

* Nachrichten von Europa in Kürze

candleFünfzehn Beamte der Misshandlung von
Genua-G8-Demonstranten für schuldig befunden

15. Juli 2008

Amnesty International begrüßt die Tatsache, dass die italienischen Richter konkrete Einzelpersonen für die Brutalitäten, die in der Haftanstalt von Bolzaneto im italienischen Genua vorgefallen waren, zur Rechenschaft gezogen haben.

"Dies ist ein guter erster Schritt, Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen, die während des G8-Gipfels in Genua vorkamen, zur Rechenschaft zu ziehen, aber es muss mehr getan werden, um sicherzustellen, dass die ganze Wahrheit ans Licht kommt und dass alle Verantwortlichen in ganzem Umfang für ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Amnesty International.

Am 14. Juli 2008 wurden 15 Personen unter anderem wegen Misshandlung von Demonstranten, die während des G8-Gipfels in Genua im Juli 2001 in der Anstalt Bolzaneto inhaftiert waren, sowie wegen Amtsmissbrauchs für schuldig befunden. Die Haftstrafen, die von einem italienischen Gericht verhängt wurden, reichten von fünf Monaten bis zu fünf Jahren. Zu den Verurteilten gehören Polizeibeamte, Gefängniswärter und Ärzte. Voraussichtlich werden sie gegen die Schuldsprüche Berufung einlegen. Es ist unwahrscheinlich, dass überhaupt jemand von ihnen eine Haftstrafe verbüßen wird, weil gemäß italienischem Recht die Verjährungsfristen für ihre Delikte bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens überschritten sein werden. Weitere 30 Angeklagte wurden unter anderem vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen.

Amnesty International ist jedoch beunruhigt, dass Folter im italienischen Strafgesetz nicht als Straftat definiert ist. Das bedeutet, dass im Zusammenhang mit diesen Ereignissen niemand wegen Folter angeklagt werden konnte, selbst, wenn die Misshandlung der inhaftierten Demonstranten in einzelnen Fällen möglicherweise der Folter gleichkam.

Seit den Ereignissen in Genua 2001 hat Amnesty International eine Reihe von Berichten erhalten, in denen von Misshandlungen durch die Polizei und übermäßiger Gewaltausübung durch Beamte die Rede ist. Die Organisation hat wiederholt zusammen mit mehreren UN-Gremien, darunter dem UN-Anti-Folter-Komitee, die italienische Regierung dazu aufgerufen, wirksame Mechanismen zur Überwachung und Ahndung von berichteten Menschenrechtsverletzungen durch Polizeibeamte einzurichten.

"Rechenschaft für Menschenrechtsverletzungen, die von Staatsbeamten einschließlich Polizeibeamten begangen werden, muss die Norm sein. Die italienische Regierung muss die Empfehlungen der entsprechenden internationalen Gremien und Organisationen endlich verwirklichen, um solche Vorkommnisse in Zukunft zu verhüten", sagte Amnesty International.

Hintergrund
Vom 20. bis zum 22. Juli 2001 war die italienische Stadt Genua Gastgeber für das G8-Gipfel-Treffen. Es wird geschätzt, dass über 200000 Menschen auf Genuas Straßen an den Antiglobalisierungsprotesten teilnahmen. Zum Ende des Gipfels war einer der Demonstranten, Carlo Giuliani, erschossen, Hunderte von Menschen hatten bei den Zusammenstößen mit der Polizei Verletzungen erlitten.

Übersetzt aus dem Englischen. Siehe als verbindlich das Original:
-"Fifteen officials found guilty of abusing Genoa G8 protesters"
weiter: - "Italy: A long-awaited verdict"
;
beide von
Amnesty International vom 15. Juli 2008

siehe auch:
- Berliner Zeitung "Milde Strafen f
ür Polizeigewalt 2001 in Genua"
- Der Tagesspiegel "Verurteilungen für Übergiffe auf G-8-Gegner"
- The Guardian "Genoa riots: 15 guilty of G8 brutality will not go to jail"
- The New York Times "15 Officers Guilty in Genoa Beatings" (15. Juli 2008)
- Netzeitung "Polizisten in Genua für Übergriffe verurteilt"

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Monday, July 14, 2008

 

* Amnesty International Zentralasienbericht: Januar 2006 bis März 2007

candleAI Index: EUR 04/001/2007 26. März 2007
Zentralasien
Zusammenfassung der Kritik von Amnesty International
Januar 2006 – März 2007

Usbekistan
Jahrestag der Ereignisse von Andischan im Mai 2005
Im Mai 2006, kurz vor dem ersten Jahrestag der Ereignisse von Andischan, veröffentlichte amnesty international einen Bericht mit dem Titel „Usbekistan: Andischan – Schluss mit der Straflosigkeit“ (Ai Index EUR 62/010/2006), der die anhaltenden Bedenken der Organisation zu den Folgen der Ereignisse von Andischan seit Veröffentlichung des im September 2005 erschienen Berichts „Usbekistan: Freie Bahn für die Wahrheit über Andischan“ (Ai Index EUR 62/021/2005) zusammenfasst.
Mit dem näherrückenden ersten Jahrestag des Massakers von Andischan wurde zunehmend deutlicher, dass die Wahrheit über Andischan noch immer blockiert wird. Mehr noch, die Positionen in dem von den Behörden und den amtlichen Medien Usbekistans so bezeichneten „Informationskrieg“ haben sich anscheinend verhärtet. Als Vorbereitung auf den Jahrestag von Andischan wurden Journalisten und Politiker von Parlamentsabgeordneten aufgerufen, eine Medienkampagne einzuleiten, um „Informationsattacken“ durch „ausländische politische Kräfte und Medienkanäle“ abzuwehren. Am 15. März 2006 gab die Weltbank bekannt, dass sie neue Anleihen an Usbekistan suspendiere. Diese Ankündigung löste eine heftige Reaktion von Islam Karimow aus und trug der Bank harte Worte ein, in denen sie beschuldigt wurde, an einem „schamlosen Informationskrieg“ gegen Usbekistan teilzunehmen. Die usbekischen Behörden wiesen Aufrufe zwischenstaatlicher Institutionen und internationaler Menschenrechtsmechanismen, eine unabhängige, internationale Untersuchung der Umstände durchzuführen, die mit den Ereignissen vom 12. bis 13. Mai 2005 zusammenhängen, zurück. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vom 20. März 2006 anlässlich des Staatsbesuchs des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew beschuldigte Präsident Karimow den Westen, Usbekistan diskreditieren zu wollen. Laut der Nachrichtenagentur Reuter warnte er den Westen, sich nicht „unter dem Vorwand der Unterstützung von Freiheit und Demokratie“ in die Angelegenheiten des Landes einzumischen und „keine Präzedenzfälle zu schaffen, uns vorzuschreiben, was wir zu tun haben, mit wem wir befreundet sein dürfen und wie wir uns orientieren sollen“.
Die Behörden schienen jedoch gewillt, einige Bedenken der Europäischen Union (EU) in der zweiten Jahreshälfte in bilateralen Diskussionen anzusprechen. So besuchte eine Delegation der EU-Kommission im September 2006 Usbekistan und führte Gespräche auf Ministerebene – die Delegation sollte Verbesserungen bezüglich der Einhaltung von Menschenrechtsverpflichtungen durch Usbekistan beurteilen. Die EU-Delegation bezeichnete die Gespräche als „konstruktiv“. Im November 2006 überprüfte die EU ihr Visa- und Waffenembargo gegenüber Usbekistan und beschloss, ersteres für sechs Monate und letzteres für 12 Monate zu verlängern. Auch nahm die EU ihre bilateralen Treffen mit Usbekistan im Rahmen des Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit wieder auf und hielt im Dezember 2006 ein Expertentreffen in Usbekistan zum Massaker von Andischan ab. Bis zum März 2007 wurden keine Ergebnisse dieses Expertentreffens veröffentlicht.
Im Oktober 2006 gab Präsident Karimow öffentlich zu, dass wirtschaftliche und soziale Gründe, namentlich das Versäumnis der Lokal- und Regionalbehörden von Andischan, sich um die Bürger und die Wirtschaftsbelange zu kümmern, so wie die korrupten Praktiken dieser Behörden zu den Ergebnissen von Andischan beigetragen haben könnten. Er entließ den Hokim (Gouverneur) der Region Andischan für seine Unfähigkeit, die Unruhen in Andischan zu verhindern.
Auf seiner Sitzung vom September (2006) überprüfte der UN-Menschenrechtsrat Usbekistan nach dem vertraulichen Verfahren 1503 und beschloss, Usbekistan weiterhin nach diesem Verfahren zu beobachten. In einer früheren Entgegnung der usbekischen Behörden auf die Resolution der UN-Vollversammlung vom Dezember 2005 zu Usbekistan, die im August (2006) veröffentlicht wurde, wurden jegliche schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen in Abrede gestellt und Vorwürfe des UN-Sonderberichterstatters gegen die Folter zurückgewiesen, wonach die Folter immer noch systematisch angewandt werde. In ihrer Usbekistan-Resolution von 2005 hatte die UN-Vollversammlung Besorgnis über schwere Menschenrechtsverletzungen geäußert.

Schlag der Regierung gegen Menschenrechtsverteidiger/-innen
Schikanierung von Menschenrechtsverteidiger/-innen
Die Situation von Menschenrechtsverteidiger/-innen hat sich weiter verschlechtert. Im September 2006 gelang es nur fünf von elf Menschenrechtsverteidiger/-innen, die zu einem Treffen mit dem neuen Botschafter der Bundesrepublik Deutschland eingeladen waren, den Treffpunkt in Taschkent zu erreichen. Die anderen wurden an einer Teilnahme gehindert, sei es, dass sie bedroht oder unter Hausarrest gestellt wurden, sei es wie im Falle von Yelena Urlayeva (Jelena Urlajewa), die auf der Straße verhaftet und gezwungen wurde, in ein Auto einzusteigen. Sie wurde laut Berichten vier Stunden lang im Auto herumgefahren und von Polizeibeamten vernommen und bedroht. Im November (2006) wurden Menschenrechtsverteidiger festgenommen und unter Hausarrest gestellt, als sie vor dem usbekischen Außenministerium demonstrierten, um einen Dialog mit den Behörden zu fordern. Schon vorher, im August (2006), waren Menschenrechtsverteidiger von Beamten der Sicherheitsorgane vernommen und laut Berichten bedroht worden, nachdem sie an einem Treffen mit Richard Boucher vom US-Außenministerium teilgenommen hatten.

Tolib Yakubov (Jakubow), Leiter der unabhängigen, nicht registrierten Menschenrechtsgesellschaft Usbekistans (MRGU), und sein Stellvertreter Abduzhalil Boimatov (Abduschalil Boimatow) verließen das Land im August 2006 aus Sorge um ihre Sicherheit, nachdem sie wiederholte Drohungen erhalten hatten. Sie überquerten die Grenze nach Kasachstan und baten im UNHCR-Büro in Almaty um Schutz. Beide wurden als Flüchtlinge nach dem UN-Mandat anerkannt. Sie reisten darauf nach Westeuropa aus.

Im August 2006 wurde Bakhtiyor Khamoev (Bachtijor Hamrojew), Leiter der MRGU in der Region Dschisach, von einer Gruppe von rund 20 Frauen angegriffen. Laut Berichten drangen sie in seine Wohnung ein, beschuldigten ihn, ein Vaterlandsverräter zu sein, und verprügelten ihn. Zum Zeitpunkt des Überfalls traf sich Bakhtiyor Khamroev gerade mit zwei VertreterInnen der britischen Botschaft. Polizeibeamte, die in die Wohnung herbeigerufen worden waren, intervenierten anscheinend erst, um die Frauen zu stoppen, als Bakhtior Khamroev mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf geschlagen wurde. Ein/e Sprecher/in der britischen Botschaft wurde mit den Worten zitiert, dass es so aussah, als sei der Überfall zeitlich auf den Besuch der Diplomaten abgestimmt gewesen. Anfang August 2006 wurde der 21-jährige Sohn von Bakhtiyor Khamroev, Ikhtiyor, aufgrund des angeblichen fabrizierten Vorwurfs des Rowdytums (Artikel 277, Abs. 2 usbek. StGB) verhaftet. Es wurde angenommen, dass seine Verhaftung eine Folge der Menschenrechtsaktivitäten seines Vaters sei. Am 25. September wurde Ikhtiyor Khamroev vom Stadtgericht Dschisach zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Er wurde ins Straflager von Tschikurgan (Region Dschisach) verlegt. Am 24. November (2006) wurde die Berufung gegen das Urteil vom Regionalgericht Dschisach abgewiesen. Ende Dezember (2006) klagte er laut Berichten über Magenschmerzen und bat um einen Arzt. Laut Berichten der MRGU erhielt er keine medizinische Behandlung. Vielmehr wurde er am folgenden Tag von Gefängniswärtern gefesselt und misshandelt. So traten ihm die Wärter auch in den Bauch. Anschließend wurde er in eine Strafzelle verlegt. Erst, als seine Magenschmerzen nicht nachließen, ordnete der Gefängnisdirektor an, ihn zur Untersuchung ins Bezirkskrankenhaus zu bringen. Im Krankenhaus wurde er Berichten zufolge nicht behandelt und ins Gefängnis zurückgeschickt. Anfang Januar 2007 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand erneut und er wurde ins Regionalkrankenhaus nach Dschisach geschickt, wo ein Magengeschwür diagnostiziert wurde. Am folgenden Tag wurde die Diagnose Berichten zufolge auf Gastritis abgeändert. Ein Vertreter der deutschen Botschaft in Usbekistan konnte ihn besuchen, als er im Krankenhaus in Dschisach war.

Am 23. Februar 2007 wurde Akrom Khodzha Mukhitdinov (Akrom Chodscha Muhitdinow), Menschenrechtsverteidiger und Mitglied der Menschenrechtsallianz Usbekistans, zu zehn Tagen Verwaltungsarrest verurteilt, weil er zwei Tage zuvor vor dem Außenministerium in Taschkent eine kleine Kundgebung abgehalten hatte. Akrom Khodzha Mukhitdinov und sein Mitstreiter Ibrogim al-Hoshimi waren vor dem Außenministerium mit Plakaten erschienen, auf denen der Rücktritt von Außenminister Vladimir Norov (Wladimir Norow) gefordert wurde. Darauf näherten sich ihnen Beamte in Zivil, bedrohten und beleidigten sie und zerrissen ihre Plakate. Ibrogim al-Hoshimi berichtete, dass darauf drei unbekannte Frauen erschienen und die beiden Menschenrechtsaktivisten attackierten und mit den Worten schlugen: „Wir wollen Frieden“. Die beiden Aktivisten wurden von der Polizei verhaftet und zur Abteilung für Innere Angelegenheiten des Bezirks Mirabad gebracht. Dort wurden sie des Angriffs auf die drei Frauen beschuldigt.

Anfang Januar 2007 war die Menschenrechtsverteidigerin Yelena Urlayeva vor dem Gebäude des Zivilgerichts des Bezirks Mirabad von vier unbekannten Frauen attackiert worden, die sie schlugen und ihre Tasche wegnahmen. Yelena Urlayeva war der Überzeugung, dass es sich bei den vier Frauen um Polizistinnen in Zivil handelte und sie mit dem Überfall eingeschüchtert werden sollte, um ihre Untersuchungen von durch Polizeibeamte begangenen Menschenrechtsverletzungen einzustellen. In einer amtlichen Untersuchung des Überfalls wurde behauptet, dass Yelena Urlayeva von Angehörigen verurteilter Gefangener angegriffen worden sei, die angeblich unzufrieden darüber gewesen seien, dass sie von ihnen Geld angenommen hätte, um ihre Verwandten zu verteidigen, dann aber nichts für sie getan habe. Yelena Urlayeva wies die Behauptung zurück, von Angehörigen von Gefangenen Geld entgegen genommen zu haben, um deren Freilassung zu erreichen.
Am 9. März 2007 schrieb Yelena Urlayeva einen offenen Brief an Hina Jilani, die Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für Menschenrechtsverteidiger, in dem sie beschrieb, wie die Behörden Menschenrechtsverteidiger daran gehindert hatten, am 8. März eine friedliche, landesweite Protestaktion zum Internationalen Tag der Frau zu organisieren. Menschenrechts- und Frauenrechtsaktivisten hatten geplant, in mehreren Städten in ganz Usbekistan Demonstrationen abzuhalten, um die Freilassung ihrer Mitstreiterinnen Mutabar Tadschibayeva (Tadschibajewa), Umida Niyazova (Nijasowa) und Gulbahor Turayeva (Turajewa) zu fordern. Teilnehmer an den Kundgebungen sollten sich durch weiße Kleidung oder zumindest ein weißes Kleidungsstück erkenntlich machen. Die lokalen Behörden waren im voraus von den geplanten Demonstrationen in Kenntnis gesetzt worden. Polizeibeamte hielten jedoch mit nur einer Ausnahme alle MenschenrechtsaktivistInnen davon ab, den Versammlungsort im Zentrum von Taschkent zu erreichen. Die meisten wurden entweder auf der Straße verhaftet und auf die örtlichen Polizeiwachen gebracht oder für die Dauer des 8. März unter Hausarrest gestellt. Yelena Urlayeva, der es gelang, den festgelegten Treffpunkt in Taschkent zu erreichen, wurde laut Berichten von Beamten der Abteilung für Innere Angelegenheiten (GUVD), der Polizeibehörde der Stadt Taschkent, angegriffen und von einem Beamten mit dem Knüppel geschlagen, während ein anderer ihr den weißen Schal wegriss, den sie trug. Vertreter internationaler Organisationen und Medien, die dort zusammengekommen waren, um den Verlauf der geplanten Kundgebung zu beobachten, kamen Yelena Urlayeva zu Hilfe und sollen die Beamten davon abgehalten haben, sie zu verhaften.

Verurteilung und Inhaftierung von Menschenrechtsverteidigern
Dilmurod Muhiddinov (Muhiddinow)
Am 12. Januar 2006 wurde Dilmurod Muhiddinow, ein Menschenrechtsverteidiger von Ezgulik (Wohltätigkeit) in Andischan, unter dem Vorwurf des „versuchten Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung“ zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Er war im Vorjahr wegen des Besitzes einer Erklärung über die Ereignisse von Andischan verhaftet worden, die von der sekulären Oppositionspartei Birlik veröffentlicht worden war.

Saidzhakhon Zainabitdinov (Saiddschahon Sainabitdinow)
Saiddschahon Sainabitdinow, ein bekannter Menschenrechtsverteidiger, war am 5. Januar 2006 in einer geschlossenen Verhandlung zu 7 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sein Aufenthaltsort blieb unbekannt. Saiddschahon Sainabitdinow, Vorsitzender der in Andischan ansässigen unabhängigen Menschenrechtsgruppe Appelliatsia, war am 21. Mai 2005 verhaftet worden. Die nicht-öffentliche Verhandlung, auf der weder seine Verwandten noch ein von seiner Familie beauftragter Anwalt anwesend waren, begann laut Berichten am 4. Januar (2006) in Taschkent. Seiner 75-jährigen Mutter wurde mitgeteilt, dass sie an der Verhandlung teilnehmen könne. Das konnte sie aber nicht, weil ihr nicht mitgeteilt wurde, wo die Verhandlung stattfand. Saiddschahon Sainabitdinow wurde nach mehreren Anklagepunkten – darunter „Verleumdung“ und „Verbreitung von Nachrichten mit dem Ziel, Panik zu verursachen“ – für schuldig befunden. Der Schuldspruch und das Strafmaß wurden erst im Februar 2006 amtlich bekannt gegeben. Laut einigen Berichten wurde Saiddschahon Sainabitdinow in der zweiten Hälfte des Jahres 2006 ins Taschkenter Gefängnis (Taschtjurma) verlegt. Ilhom, der Sohn von Saiddschahon Sainabitdinow, wurde im Mai 2006 verhaftet, laut Berichten wegen „Urkundenfälschung“. Unterstützer der Familie und Menschenrechtsverteidiger erhoben den Vorwurf, dass seine Verhaftung darauf zurückgehe, dass Ilhom sich nach der Verhaftung seines Vaters mit dessen Kontaktpersonen getroffen habe, vor allem mit Menschenrechtsverteidigern und unabhängigen Journalisten. Nach einem dieser Treffen soll er sogar verprügelt worden sein. Er soll sich weiterhin in Haft befinden, sein Aufenthaltsort war zum Ende des Jahres 2006 nicht bekannt.

Mutabar Tajibayeva (Mutabar Tadschibajewa)
Am 6. März 2006 wurde Mutabar Tadschibajewa, Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation Ötyuraklar (Feurige Herzen) aus Ferghana und Mitbegründerin der landesweiten Bewegung Za Pravovoe Obshchestvo (Für eine rechtsstaatliche Gesellschaft) basierend auf wirtschaftlichen und politischen Anklagepunkten von einem Gericht in Taschkent zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt. Mutabar Tadschibajewa war am 7. Oktober 2005 verhaftet worden, am Vorabend einer internationalen Konferenz über Menschenrechtsverteidiger in Dublin, Irland, an der sie teilnehmen wollte. Sie war wegen ihrer Menschenrechtsaktivitäten unter zunehmenden Druck der Behörden geraten. Sie wurde in 13 Anlagepunkten für schuldig befunden, darunter auch der Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation und der Verwendung von Mitteln ausländischer Regierungen zur Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Sie hatte nicht genug Zeit, um ihre Verteidigung vorzubereiten, Beratungen mit ihrer Anwältin mussten in Gegenwart bewaffneter Wärter stattfinden. Vor Gericht musste sie in einem Käfig Platz nehmen. Ihre Berufung gegen das Urteil wurde am 30. Mai (2006) abgewiesen.
Nach Angaben der Gefängnisbehörden wurde sie im Juli 2006 für 10 Tage in die Psychiatrische Abteilung des Gefängnisses verlegt, weil sie angeblich nach der Berufungsverhandlung unter starken Stresserscheinungen litt. Ihre Familie und ihre Anhänger erhoben jedoch den Vorwurf, das sie mit der Verlegung dafür bestraft werden sollte, weil sie auch vom Gefängnis aus ihre Meinung verteidigte. Ihre Familie und ihre Anwältinnen beklagten sich, dass ihre Besuche von Gefängnisbeamten behindert und ihre Pakete nicht weitergeleitet würden.
Im August 2006 durfte sie schließlich einen dreitägigen Besuch ihrer Familie empfangen, nachdem sie in den normalen Anstaltsbereich zurück verlegt worden war. Mutabar Tadschibajewa soll ihnen dabei berichtet haben, dass man ihr nach der Rückkehr aus der Psychiatrischen Abteilung eine Schere unter die Matratze geschoben habe, weshalb sie zehn Tage lang wegen „Verstoßes gegen die Haftordnung“ in eine Arrestzelle gesperrt wurde. Sie beklagte sich auch, das sie nicht genug zu essen und zu trinken erhalten habe, als sie sich in der Arrestzelle befand. Eine ihrer Anwältinnen erklärte, dass sie sich entschlossen habe, Mutabar Tadschibajewa nicht mehr zu vertreten, nachdem sie selbst und ihre Familie wiederholt bedroht worden seien.
Im Oktober (2006) äußerte sich die Familie von Mutabar Tadschibajewa besorgt darüber, dass ihr Gesundheitszustand sich anscheinend verschlechtere. Laut Informationen, die der Familie zugegangen waren, war Mutabar Tadschibajewa in eine Intensivstation des Krankenhaustrakts im Gefängnis verlegt worden. Ein Besuch wurde ihnen jedoch nicht erlaubt, weshalb sie das Ausmaß der Gesundheitsprobleme nicht bestätigen konnten. Im Dezember (2006) lösten Polizeibeamte eine kleine Kundgebung der Familienangehörigen vor dem Präsidialamt in Taschkent gewaltsam auf. Ihre Angehörigen forderten Zugang zu Mutabar Tadschibajewa und verlangten ihre Freilassung. Die Beamten bedrohten und beleidigten die Demonstranten, schubsten sie beiseite und zerrissen ihre Plakate, wie berichtet wurde.
Im Januar 2007 wurde dem Bruder von Mutabar Tadschibajewa schließlich erlaubt, seine Schwester zu besuchen. Die Familie hatte sie 5 Monate lang nicht besuchen dürfen. Nach Auskunft ihres Bruders war Mutabar Tadschibajewa besorgt über die anhaltende Verschlechterung ihrer Gesundheit und über die unzureichende medizinische Behandlung. Auch bat sie darum, mit ihrer Anwältin sprechen zu dürfen. Solche Besuche wurden jedoch nicht mehr erlaubt, seit die Schwester von Mutabar Tadschibajewa im Sommer 2006 ihre Verteidigung übernahm. Der Bruder von Mutabar Tadschibajewa gab auch an, dass sie weiterhin in Einzelhaft gesperrt wird, um sie für angebliche Verstöße gegen die Haftordnung zu bestrafen. Laut Berichten war sie nach einem seiner Besuche in Einzelhaft genommen worden. Für den 5. März 2007 war ihrer Familie ein dreitägiger Besuch im Gefängnis versprochen worden, nach Angaben ihrer Tochter wurde sie jedoch am 4. März 2007 in Einzelhaft genommen und der Familienbesuch gestrichen. Am 8. März 2007 wurde ihr Bruder festgenommen, um ihn daran zu hindern, an einer Demonstration in Taschkent teilzunehmen, auf der die Freilassung von Mutabar Tadschibajewa und anderer inhaftierter Menschenrechtsverteidigerinnen gefordert wurde.

Der Fall von Azam Farmonov (Asam Farmonow) und Alisher Karamatov (Alischer Karamatow)
Am 29. April 2006 wurden Asam Farmonow und Alischer Karamatow, zwei Mitglieder der nicht registrierten unabhängigen Menschenrechtsgesellschaft Usbekistans (MRGU) aus der Region Sirdarjo in der Stadt Gulistan willkürlich verhaftet. Asam Farmonow ist der Leiter des regionalen Ablegers der MRGU in Sirdarjo und der Schwiegersohn von Tolib Jakubow, dem Vorsitzenden der MRGU. Alischer Karamatow ist der Leiter der MRGU für den Bezirk Mirsaabad. Beide Männer hatten die Rechte lokaler Bauern verteidigt, die einige für die Landwirtschaft verantwortliche Beamte der Bezirksverwaltung des Amtsmissbrauchs, der Erpressung und der Korruption beschuldigten. Wie Asam Farmonow und Alischer Karamatow berichteten, begannen sie, die Vorwürfe der Bauern zu untersuchen, und konfrontierten die lokalen Beamten mit ihren Ergebnissen. Darauf wurde auf einige Bauern Druck bis hin zu physischer Gewalt ausgeübt, ihre Vorwürfe gegen die Beamten zurückzuziehen und stattdessen die Menschenrechtsverteidiger zu beschuldigen, sie hätten Druck auf die Bauern ausgeübt, um den Beamten Amtsmissbrauch vorzuwerfen. Die Aktivisten der MRGU wurden der Erpressung nach Artikel 165 StGB beschuldigt.
Laut Tolib Jakubow führten Polizisten am 29. April ohne ordentlichen Durchsuchungsbefehl mehrere Razzien im Haus seines Schwiegersohns durch. Etwa 30 Beamten in Uniform und Zivil beschlagnahmten die Computerausrüstung und Veröffentlichungen und gingen mit der schwangeren Ehefrau von Asam Farmonow so grob um, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, nachdem die Beamten gegangen waren.
Asam Farmonow und Alischer Karamatow wurden in Gulistan an unterschiedlichen Orten verhaftet und nach Chawast (Khavast) ins Untersuchungshaftzentrum gebracht. Sie wurden mindestens eine Woche ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten und berichteten, dass sie in dieser Zeit geschlagen und gefoltert wurden, unter anderem indem man ihnen eine Gasmaske mit abgedrehter Luftzufuhr überzog und ihnen mit Knüppeln auf Arme und Fußsohlen schlug, um von ihnen eine Unterschrift unter ein „Geständnis“ zu erzwingen. Am 16. Mai (2006) wurden sie der Erpressung angeklagt.
Laut Tolib Jakubow, der sich am 7. Juni beim Stadtgericht von Yangiyer als Rechtsbeistand für die beiden Angeklagten eintragen ließ, wurde der Prozess gegen die beiden Männer ohne Vorankündigung eröffnet. Am 12. Juni, nur vier Tage, nachdem er das Studium der Fallakten begonnen hatte, wurde Tolib Jakubow aufgefordert, vor Gericht die Verteidigung für die beiden Männer auszuüben. Seine Bitte, ihm mehr Zeit zu lassen, um sich mit dem Material vertraut zu machen, wurde abgelehnt. Am 15. Juni wurden Asam Farmonow und Alischer Karamatow daraufhin in Abwesenheit eines Anwalts oder Rechtsvertreters zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Asam Farmonow verbüßte seine Strafe im Straflager in Jaslik und Alischer Karamatow im Straflager von Karschi. Im Februar 2007 soll Asam Farmonow seinen Angehörigen erklärt haben, dass sich die Haftbedingungen in Jaslik verbessert hätten, dass das routinemäßige Verprügeln abgenommen habe und nicht mehr so viel misshandelt und gefoltert werde. Dies betreffe auch Gefangene, die der Mitgliedschaft in verbotenen islamischen Organisationen oder Bewegungen für schuldig gesprochen worden seien.

Der Fall von Jodgar Turlibekow (Yodgor Turlibekov)
Am 16. Juni 2006 wurde Jodgor Turlibekow, ein 69-jähriger unabhängiger Journalist und Vorsitzender der MRGU für die Region Kaschkadarjo, in seiner Wohnung in Karschi von Polizeibeamten und Geheimdienstbeamten verhaftet. Rund 30 Beamte, einige von ihnen bewaffnet, führten laut Berichten eine Durchsuchung der Wohnung von Jodgor Turlibekow durch und beschlagnahmten Computerausrüstung, Festplatten, Fallakten und Menschenrechtsliteratur. Jodgor Turlibekow wurde zum Verhör zur Polizeibehörde von Karschi gebracht. Seiner Familie und seinen Anhängern wurde der Zutritt verweigert. Menschenrechtsaktivisten waren überzeugt, dass seine willkürliche Verhaftung mit seinen Menschenrechtsaktivitäten zusammenhänge. Jodgor Turlibekow hatte die Einhaltung der Rechte von Bauern und Händlern in Kaschkadarjo beobachtet und Fälle von unabhängigen Muslimen und mutmaßlichen Mitgliedern verbotener islamischer Gruppen oder Parteien wie Hisb-ut-Tahrir aufgenommen und ihre Prozesse besucht.
Eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft erklärte dem usbekischen Dienst von RFE/RL am 20. Juni, dass Jodgor Turlibekow nicht verhaftet, sondern „zu einer Unterredung eingeladen“ worden sei. Sie erklärte, dass die „Einladung“ möglicherweise deshalb geäußert wurde, weil er öffentlich aufgetreten sei. Ende Juni wurde Jodgor Turlibekow ins Untersuchungshaftzentrum von Buchara, 170 km entfernt von Karschi, verlegt. Einige Menschenrechtsaktivisten sehen darin einen Versuch, ihn von der Unterstützung in Karschi zu isolieren, wo er sehr populär ist.
Erst zwei Monatenach seiner Verhaftung durfte ihn seine Familie besuchen. Anfänglich wurde er nach vier Artikeln des Strafgesetzbuchs angeklagt, darunter wegen „Beleidigung der Ehre und Würde des Präsidenten von Usbekistan“, wegen „Verleumdung“ und wegen der „Verbreitung von Material, das eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellt“. Laut Angaben von Menschenrechtsaktivisten wurden diese Anklagepunkte während der Ermittlungen mangels Beweisen fallen gelassen, stattdessen wurde gegen ihn eine neue Anklage wegen Bestechung erhoben. Angeblich lag der Hauptgrund für seine Verhaftung und die Ermittlungen in einem fünfseitigen auf Usbekisch verfassten Text von Jodgor Turlibekow, in dem er die soziale und politische Lage in Usbekistan kritisierte und den er auf einem Markt in Karschi verteilt hatte.
Im Oktober wurde Jodgor Turlibekow nach einem unfairen Prozess nach Artikel 165 (?) wegen Bestechung zu 3,5 Jahren Gefängnis verurteilt. Laut Menschenrechtsaktivisten, die seinen Fall beobachteten, wurde sein Anwalt nicht im voraus vom Prozessbeginn informiert, und so verlief der Prozess, ohne dass sein Anwalt, Rechtsbeistände, Menschenrechtsaktivisten und unabhängige Beobachter teilnehmen konnten.
Im November wies das Regionalgericht von Kaschkadarjo seine Berufung gegen die Gefängnisstrafe ab. Auch diesmal wurden weder der Anwalt noch die Verwandten von der Berufungsverhandlung informiert und konnten deshalb nicht teilnehmen. Im Dezember wurde er im Rahmen einer Amnestie des Präsidenten freigelassen. Während der 6 Monate in Haft verlor er 20 kg, seine Gesundheit soll sich verschlechtert haben.

Der Fall von Umida Nijasowa (Umida Niyazova)
Am 28. Januar 2007 wurde Umida Nijasowa, Mitglied der Menschenrechtsgruppe Veritas und Journalistin, nach Artikel 223 usbek. StGB der illegalen Überschreitung der usbekischen Grenze und nach Artikel 246 des Schmuggels von Literatur „subversiven“ und „extremistischen“ Charakters nach Usbekistan beschuldigt. Beide Artikel sehen eine mögliche Haftstrafe von bis zu 10 Jahren vor. Umida Nijasowa war am 22. Januar 2007 im Südosten des Landes, nahe der kirgisischen Grenze verhaftet und später in eine U-Haft-Anstalt nach Taschkent verlegt worden. Sie hatte mit ihrem/r Anwalt/Anwältin für diesen Tag einen Termin in Taschkent vereinbart, um ihr Laptop und ihren Pass abzuholen, die ihr im Dezember 2006 von der Polizei abgenommen worden waren, als sie aus Kirgisistan von einem Menschenrechtsseminar zurückkehrte. Dabei wurde sie neun Stunden lang festgehalten. Damals wurde gegen sie keine Anklage erhoben, aber sie musste sich per Unterschrift verpflichten, das Land nicht zu verlassen und mit den staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen möglicherweise von ihr begangener Straftaten zu kooperieren. Namentlich ging es dabei um den Besitz von staatsfeindlichem Material auf ihrem Laptop. Ihr Laptop wurde zur Erstellung eines Expertengutachtens eingeschickt, um festzustellen ob sich darauf irgendwelches Material „subversiver oder extremistischer Natur“ befinde. Bei den Dokumenten auf dem Computer handelte es sich u.a. um Berichte von Human Rights Watch, namentlich um deren veröffentlichten Bericht über das Massaker von Andischan im Mai 2005. Umida Nijasowa arbeitete als Übersetzerin für das HRW-Büro in Taschkent. Zuvor hatte sie für Internews und Freedom House, zwei internationale nicht-staatliche Organisationen auf dem Gebiet der freien Meinungsäußerung, gearbeitet.

Der Fall von Gulbahor Turajewa (Turaeva)
Am 14. Januar 2007 wurde Gulbahor Turajewa, eine Menschenrechtsverteidigerin und Mitglied der Initiativgruppe Unabhängiger Menschenrechtsverteidiger Usbekistans (IGUMRU) aus Andischan, an der usbekisch-kirgisischen Grenze von Zollbeamten festgenommen, als sie von einem Besuch aus Kirgisistan zurückkehrte. Nach Angaben der Behörden sollen die Zollbeamten in ihrem Gepäck Literatur gefunden haben, in der offen der gewaltsame Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung, eine Machtergreifung und die Beseitigung der Machtinhaber gefordert und zur Änderung der territorialen Unversehrtheit der Republik aufgefordert worden sein.
Infolgedessen wurde gegen Gulbahor Turajewa ein Strafverfahren nach Artikel 159 Absatz 1 StGB (Versuchter Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung) eingeleitet und sie wurde in U-Haft genommen. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten hatte Gulbahor Turajewa etwa 120 Veröffentlichungen in ihren Taschen, darunter Exemplare von Büchern des Führers der verbotenen Oppositionspartei Erk Muhammad Salih. Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung wurde sie von ihrem neunjährigen Sohn begleitet, der laut Berichten mit ihr eine Nacht in Haft verbrachte. Die Anhänger von Gulbahor Turajewa gaben an, dass die Literatur, die sie mit sich führte, keine Forderungen nach einem gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung enthielten. Sie wiesen auch darauf hin, dass man in Usbekistan kaum wissen könne, welche Literatur verboten sei, weil es keine amtlich veröffentlichte Liste verbotener Publikationen gebe.
Am 16. Januar wurde Gulbahor Turajewa laut Berichten ins Haftzentrum des Geheimdienstes nach Andischan verlegt. Laut der IGUMRU gelang es dem/der Rechtsanwalt/Rechtsanwältin, der/die von dieser Organisation bestellt worden war, um Gulbahor Turajewa zu verteidigen, nicht, Zugang zu ihr zu erhalten. Auch ihre Familie hatte mit Problemen zu kämpfen, Zugang zu erhalten. Nach Behördenangaben wurde auf Anzeige einer Lehrerin aus Andischan ein weiteres Verfahren wegen Verleumdung nach Art. 139 StGB gegen Gulbahor Turajewa eröffnet. Gulbahor Turajewa arbeitete als forensische Medizinerin in Andischan. Während der Ereignisse von Andischan berichtete sei Menschenrechtsorganisationen und ausländischen Medien, dass sie in improvisierten Leichenhallen Hunderte von Leichnamen gesehen habe. Diese Zahlen wurden von der Regierung dementiert. Gulbahor Turajewa ist 40 Jahre alt und hat vier Kinder, davon ist das jüngste erst sechs Monate alt.

Der Fall von Isroil Kholdorov (Holdorow)
Am 20. Februar 2007 wurde der 57-jährige Isroil Holdorow, Vorsitzender der Partei Erk in der Region Andischan, vom Regionalgericht Andischan zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt. Gegen ihn war Anklage wegen versuchten Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung nach Artikel 159 StGB, wegen Verteilung von Material, das eine Bedrohung für die Sicherheit darstellt, nach Artikel 244 und wegen illegalen Grenzübertritts nach Artikel 233 erhoben worden. Nach Angaben seines Anwalts waren alle Vorwürfe außer dem des illegalen Grenzübertritts von den Behörden fabriziert worden, um ihn für seine friedlichen Aktivitäten in der Oppositionspartei zu bestrafen.
Isroil Holdorow verließ Usbekistan nach den Ereignissen in Andischan im Mai 2005 und suchte in Kirgisistan Zuflucht. Er hatte Vertretern internationaler Medien von Massengräbern in und um Andischan berichtet, u.a. auch im Bezirk Boghischamol, die von den Behörden heimlich eingerichtet worden sein sollen. Die Behörden bestritten, dass es nach dem Massaker von Andischan überhaupt Massengräber gegeben habe. Während seines Aufenthalts in Kirgisistan organisierte Isroil Holdorow in der Grenzstadt Kara-Suu eine unbewilligte Demonstration zum Jahrestag der Ereignisse von Andischan.
Im Juli 2006 äußerten sich Menschenrechtsorganisationen in Kirgisistan sowie der UNHCR (UN-Flüchtlingshochkommissar) besorgt darüber, dass Isroil Holdorow „verschwunden“ und möglicherweise von Angehörigen des usbekischen Geheimdienstes entführt und nach Usbekistan verschleppt worden sei. Anderen Berichten zufolge soll Isroil Holdorow sich entschieden haben, „freiwillig“ nach Usbekistan zurückzukehren, und die usbekischen Behörden schriftlich von dieser Entscheidung informiert haben. Laut diesen Berichten soll er im September 2006 von Polizeibeamten verhaftet worden sein, als er die Grenze überquerte.

Einschränkungen der Meinungsfreiheit
Nach usbekischem Recht handelt es sich um ein mit Geldstrafe oder Gefängnisstrafe zu ahndendes Delikt, wenn man ohne Akkreditierung (als JournalistIn) arbeitet. Laut neuen Bestimmungen, die Ende Februar 2006 verabschiedet wurden, ist es illegal, wenn usbekische Staatsbürger für ausländische Medien arbeiten oder Beiträge liefern, es sei denn, sie seien akkreditierte JournalistInnen. Ausländischen JournalistInnen dorht die Entziehung der Akkreditierung, wenn ihre Berichte eine „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ darstellen oder „die Ehre und Würde von Bürgern Usbekistans“ beleidigen. Am 16. März 2006 entzog das usbekische Außenministerium einem lokalen Korrespondenten des deutschen Rundfunk- und Fernsehsenders Deutsche Welle die Akkreditierung, weil er angeblich eine Falschmeldung über ein tödliches Busunglück in der Region Buchara verfasst habe.

Druck auf internationale Medien und nicht-staatliche Organisationen (NGO)
Im Februar 2006 wurden Freedom House und die Eurasia Foundation von einem Gericht in Taschkent angewiesen, ihre Tätigkeit in Usbekistan einzustellen. Freedom House war angeblich mit der usbekischen Gesetzgebung in Konflikt geraten, weil es nicht registrierten einheimischen NGOs freien Zugang zu Computern und zum Internet gewährte. Am 27. April (2006) ordnete ein Gericht in Taschkent die Schließung der Büros der American Bar Association’s Central European and Eurasian Law Initiative (ABA/CEELI), einer Initiative der Amerikanischen Anwaltsvereinigung, an. Das usbekische Justizministerium hatte bei Gericht einen entsprechenden Antrag eingereicht und dabei zahlreiche Fälle zitiert, in denen ABA/CEELI gegen die usbekische Gesetzgebung verstoßen haben soll, etwa indem sie Rechtsdienstleistungen für nicht registrierte NGOs erbrachte. ABA/CEELI hatte in ganz Usbekistan über mehrere Jahre hinweg sehr erfolgreiche Ausbildungsprogramme für Anwälte und Anwältinnen betrieben.
Auch anderen, meist in den USA ansässigen oder aus den USA finanzierten internationalen humanitären oder Entwicklungshilfeorganisationen oder Wohltätigkeitseinrichtungen wurde die Akkreditierung entzogen, und sie mussten ihre Tätigkeit in Usbekistan einstellen, so z.B. Counterpart International, die große Teile der Bevölkerung für 10 Jahre mit medizinischer Hilfe versorgt hatte, und die Eurasian Foundatiion, eine Stiftung, die freie Medien und demokratische Institutionen gefördert hatte.

Verhaftungen und Verurteilungen unabhängiger Journalisten und Künstler:
Die Fälle von Ulughbek Haidarow, Dschamschid Karimow und Dadachon Hassanow
Am 14. September 2006 wurde Ulughbek Haidarow, ein unabhängiger Journalist, an einer Bushaltestelle in Dschisach verhaftet, als er gerade von einem Treffen mit dem Vorsitzenden der Menschenrechtsgesellschaft Usbekistans Bachtijor Hamrojew zurückkam. Als er an der Haltestelle wartete, ging rasch eine Frau an ihm vorüber und stopfte ihm 400 US-Dollar in die Tasche. Ulughbek Haidarow, der Lunte roch, holte das Geld sofort wieder raus und ließ es auf den Boden fallen. Direkt danach erschienen plötzlich Polizisten an der Haltestelle und verhafteten ihn. Ulughbek Haidarow wurde nach Artikel 165 StGB wegen Erpressung angeklagt. Seine Frau, die ihn am 23. September kurz im U-Haft-Zentrum der Region Dschisach besuchen durfte, berichtete, dass er krank und erschöpft aussah und sehr niedergeschlagen war.
Laut Berichten war sein Gesicht einseitig gelähmt und eine Gesichtshälfte erschien niedriger als die andere. Es soll ihm schwergefallen sein, zu sprechen, was Befürchtungen aufkommen ließ, dass er misshandelt wurde. Er wurde ins U-Haft-Zentrum von Chawas (Khavaz) in der Region Sirdarjo verlegt, rund 70 km von Dschisach entfernt.
Am 4. Oktober, zwei Wochen nach seiner Verhaftung, begann das Gerichtsverfahren gegen Ulughbek Haidarow. Menschenrechtsbeobachter und Angehörige seiner Familie, die der Verhandlung beiwohnen wollten, berichteten, dass er die Dienste eines unabhängigen Rechtsanwalts zurückwies und die Menschenrechtsbeobachter bat, den Gerichtssaal zu verlassen. Sie waren der Ansicht, dass man ihn unter Druck gesetzt hatte, dies zu tun. Am 5. Oktober 2006 wurde er schuldig gesprochen und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.
Am 1. November wurde er in das Gefängnis UYa 64/29 nach Nawoi verlegt. Am 4. November wurden Ulughbek Haidarow und 14 weitere Gefangene, die alle am 1. November in dieses Gefängnis verlegt worden waren, Berichten zufolge von Wärtern aus ihren Zellen geholt und in den Gefängnishof abgeführt. Dort mussten sie sich mit im Nacken verschränkten Händen niederknien und wurden gezwungen, eine halbe Stunde lang in dieser Position zu verharren. Dann erschienen mit Knüppeln bewaffnete Wärter und befahlen den Gefangenen, ihre Schuhe auszuziehen. Anschließend wurden die Gefangenen von den Wärtern auf die Fußsohlen geschlagen. Laut Berichten erhielt Ulughbek Haidarow mindestens zehn Schläge auf die Fußsohlen. Nach seiner Freilassung wurde festgestellt, dass er durch die Schläge an einem Fersenknochen eine Haarrissfraktur erlitten hatte. Ulughbek Haidarow und die anderen Gefangenen wurden auch gezwungen, mit geschlossenen Augen und ausgestreckten Armen Kniebeugen zu machen, während eine andere ausgewählte Gruppe von Gefangenen sie mit Anderthalb-Liter-Plastikflaschen schlugen. Laut Ulughbek Haidarow wurden sie von diesen Gefangenen auch in den Hintern getreten. Die 15 Gefangenen mussten sich außerdem hinhocken und die Knie an die Brust anwinkeln und in der Hocke die Treppe drei Stockwerke auf und ab steigen, nachdem sie Schläge auf die Fußsohle erhalten hatten. Wenn ein Häftling hinfiel oder nicht mehr die Treppe hochsteigen konnte, wurde er brutal geprügelt und getreten. Keiner der Häftlinge erhielt nach den Schlägen eine medizinische Behandlung. Laut Berichten litt Ulughbek Haidarow unter so starken Schmerzen, dass er fast zwei Wochen lang kaum gehen konnte.
Am 7. November (2006) wurde Ulughbek Haidarow freigelassen, nachdem sein Urteil aufgehoben worden war. Nur zwei Tage vor Ulughbek Haidarows Verhaftung war sein Kollege, der unabhängige Journalist Dschamschid Karimow in Dschisach "verschwunden", nachdem er seine Mutter im Krankenhaus besucht hatte. Seine Familie war der Ansicht, dass sein "Verschwindenlassen" in Zusammenhang mit seinen journalistischen Aktivitäten stand. Im Oktober (2006) berichteten verschiedene Quellen, dass er zwangsweise in eine psychiatrische Klinik interniert worden sei. Die Lokalbehörden bestritten weiterhin, irgend etwas von seinem Verbleib zu wissen, sie erklärten lediglich, dass er schon früher psychiatrisch behandelt worden sei. Es wurde angenommen, dass er im Hochsicherheitstrakt des Psychiatrischen Krankenhauses der Stadt Samarkand interniert war. Seine Angehörigen wurden von den Lokalbehörden eingeschüchtert, und ihr Telefon wurde abgestellt, nachdem sie internationale Organisationen alarmiert hatten. Dschamschid Karimow ist ein Neffe des Präsidenten Islam Karimow. Sowohl Dschamschid Karimow als auch Ulughbek Haidarow hatten für das IWPR (Institute for War and Peace Reporting) sowie als freie Mitarbeier für andere unabhängige Webseiten gearbeitet. Sie waren schon früher Schikanen und Verfolgung ausgesetzt, Ulughbek Haidarow war im Jahr 2005 von Unbekannten überfallen und brutal zusammen geschlagen worden. Beide Männer hatten sich in Briefen an eine/n schwedische/n Journalisten/in besorgt um ihre Sicherheit gezeigt und waren dabei, ihre Ausreise aus dem Land vorzubereiten.

Am 8. September 2006 wurde gegen Dadachon Hassanow, einen bekannten Sänger und Liedermacher, eine Gefängnisstrafe von 3 Jahren auf Bewährung verhängt, weil er über die Ereignisse in Andischan vom Mai 2005 ein Lied geschrieben und es aufgeführt hatte. Ihm wurde Beleidigung der Ehre und Würde des usbekischen Präsidenten, versuchter Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung sowie Herstellung und Verbreitung von Material, das eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellt, zur Last gelegt. Der Prozess wurde zwar als öffentlicher Prozess angekündigt, fand tatsächlich aber hinter verschlossenen Türen statt. Angaben von Menschenrechtsverteidigern zufolge sei Dadachon Hassanow von den Behörden unter Druck gesetzt worden, ein geschlossenes Verfahren zu verlangen. Laut Berichten soll er am ersten Tag der Wiederaufnahme des Verfahrens freiwillig auf die Dienste des Verteidigerteams verzichtet haben. Der Prozess hatte am 9. August begonnen, war dann aber auf den 5. September vertagt worden. Dadachon Hassanow wurde gegen Kaution freigelassen, eine in Usbekistan eher unübliche Praxis. Früher im selben Jahr waren zwei Männer, die Kassetten mit Dadachon Hassanows Lieder angehört hatten, wegen des Besitzes "subversiven Materials" zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden.

Unfairer Prozess und gesundheitliche Bedenken:
Der Fall des Führers der Oppositionspartei "Sonnenschein-Koalition Usbekistan"
Am 6. März 2006 verurteilte ein Gericht in Taschkent Sandschar Umarow, den Führer der säkularen Oppositionskoalition „Sonnenschein Usbekistan“, unter dem Vorwurf des Betrugs, der Veruntreuung, der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung zu einer Gefängnisstrafe von 10,5 Jahren. Er war im Oktober 2005 nach seiner Rückkehr von einer USA-Reise verhaftet worden. Er wurde beschuldigt, eine kriminelle Vereinigung mit dem Ziel gegründet zu haben, Wirtschafts- und Finanzdelikte zu begehen und den usbekischen Staat zu betrügen. Sandschar Umarow, laut Berichten ein erfolgreicher und vermögender Geschäftsmann, der im Ausland – speziell in den USA – aber auch in Usbekistan Kapital besaß, bestritt die Vorwürfe. Nach Angaben seines Anwalts sagte er vor Gericht aus, dass er überzeugt sei, dass die Vorwürfe gegen ihn von geschäftlichen Konkurrenten fabriziert worden seien, um ihn und seinen Bruder in Verruf zu bringen und ihr Vermögen unter ihre Kontrolle zu bringen. Anhänger und Aktivisten der Koalition erhoben den Vorwurf, dass die Anklage politisch motiviert sei, weil die Sonnenschein-Koalition, eine im April 2005 gegründete moderate, säkulare Oppositionsgruppierung mit einem wirtschaftlichen Reformprogramm, nach den Ereignissen von Andischan offener Kritik an den usbekischen Behörden geübt und sich den Forderungen nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung des Massakers von Andischan angeschlossen habe. Sandschar Umarow soll auch als potentieller Konkurrent von Präsident Islam Karimow für die Präsidentschaftswahlen von 2007 angesehen worden sein.
Der Prozess stand zwar für unabhängige Beobachter offen, die Sicherheitsmaßnahmen im Umfeld des Prozesses waren jedoch sehr streng – das Gerichtsgebäude wurde von bewaffneten Soldaten umzingelt. Sandschar Umarow selbst stand dem Richter in einem Metallkäfig gegenüber. Sein Anwalt und Menschenrechtsbeobachter waren der Auffassung, dass die Anklage die Vorwürfe gegen ihn nicht belegen konnte und auch keine überzeugenden Beweise vorlegte.
Am 13. April setzte das Berufsgericht in Taschkent seine Strafe auf 7,5 Jahre herab. Menschenrechtsaktivisten, die auf der Berufungsverhandlung anwesend waren, zeigten sich besorgt um den Gesundheitszustand von Sandschar Umarow, der einen kraftlosen, zerstreuten und bedrückten Eindruck machte, ganz im Gegensatz zu seinem früheren Auftreten vor Gericht. Sein Anwalt beschwerte sich, dass er trotz seines sich ständig verschlechternden Gesundheitszustands keine angemessene medizinische Behandlung erhalte. Im Mai wurde er ins Straflager nach Buchara verlegt. Am 8. Juni teilten Gefängniswärter in Buchara seiner Schwester mit, dass Sandschar Umarow am 1. Juni zu 16 Tagen Einzelhaft in der Arrestzelle verurteilt worden sei. Die Wärter weigerten sich, das Nahrungsmittelpaket anzunehmen, das seine Schwester ihm mitgebracht hatte, und sie durfte ihren Bruder nicht einmal sehen. Eine Berufung gegen das Urteil war beim Obersten Gerichtshof anhängig.
Am 23. Mai wurde die Koordinatorin von „Sonnenschein Usbekistan“, Nodira Hidojatowa, aus dem Gerichtssaal freigelassen, nachdem ihre Strafe von 10 Jahren Gefängnis in der Berufung in eine Strafe von 7 Jahren Gefängnis auf Bewährung umgewandelt worden war. Freunde und Angehörige hatten laut Berichten einen Betrag von 120 Millionen Som (rund 100.000 US-Dollar) als „Entschädigung“ an den usbekischen Staat bezahlt, um ihre Freilassung zu erreichen. Unter den Auflagen der Bewährungsstrafe bleibt Nodira Hidojatowa dem Staat jedoch weitere 150 Millionen Som schuldig, und sie muss sich für die Dauer der Strafe in der Region Taschkent aufhalten. Nodira Hidojatowa war am 1. März des Steuerbetrugs, der Veruntreuung und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung für schuldig befunden worden. Sie bestritt alle Vorwürfe, die nach Aussagen ihrer Anhänger politisch motiviert waren.

Auslieferungsanträge der usbekischen Behörden
Die usbekischen Behörden bemühten sich weiterhin – und das oft erfolgreich – im Namen der nationalen Sicherheit und des „Kriegs gegen den Terror“ um die Auslieferung von Mitgliedern oder angeblichen Mitgliedern verbotener islamischer Parteien oder Bewegungen wie „Hisb-ut-Tahrir“ oder „Akramija“, die von der Regierung beschuldigt werden, an den Ereignissen von Andischan beteiligt gewesen zu sein. Sie richteten diese Anträge an Nachbarstaaten, aber auch an die Russische Föderation und die Ukraine. Die meisten zwangsweise an Usbekistan ausgelieferten Männer wurden weiterhin ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten, was die Gefahr der Folter oder Misshandlung erhöhte. Amnesty International war besorgt, dass die Regierung Russlands, der Ukraine, Kasachstans und Kirgisistans im Namen der regionalen Sicherheit und des „Kriegs gegen den Terror“ mit Usbekistan zusammenarbeiteten und dabei ihre Verpflichtungen nach dem Völkerrecht und dem Flüchtlingsrecht missachteten, niemanden in ein Land oder Gebiet abzuschieben, wo ihm schwere Menschenrechtsverletzungen inklusive Folter drohen.
Usbekistan bestätigte, dass 41 Flüchtlinge, die nach den Ereignissen von Andischan aus dem Land geflohen waren und vom UNHCR erst nach Rumänien evakuiert und später in die USA umgesiedelt worden waren, im August 2006 heimkehrten. Mitte Juli war eine Gruppe von 12 Andischan-Flüchtlingen aus den USA zurückgekehrt – angeblich mit Sicherheitsgarantien usbekischer Amtsträger.
Menschenrechtsgruppen meldeten allerdings Bedenken hinsichtlich der Umstände ihrer Rückkehr an. Laut zuverlässigen Quellen organisierte die usbekische Botschaft in den USA ihre Rückreise und bezahlte sogar die Hälfte des Flugtickets. Eine dritte Flüchtlingsgruppe, die in den US-Staat Idaho umgesiedelt worden war, bereitete sich laut Berichten darauf vor, im September zurückzukehren. Zwei der in Idaho niedergelassenen Flüchtlinge kamen im August und September unter mysteriösen Umständen ums Leben. Es gab Berichte, dass auf einige Flüchtlinge Druck ausgeübt wurde, „freiwillig“ nach Usbekistan zurückzukehren. Eine Gruppe der Rückkehrer vom Juli wurde anscheinend im usbekischen Fernsehen vorgeführt, wo sie sagten, sie seien gegen ihren Willen von internationalen Organisationen und internationalen Akteuren, die Usbekistan schaden wollten, gezwungen worden, Kirgisistan zu verlassen. Sie erklärten, dass sie den usbekischen Behörden sehr dankbar seien, ihnen bei der Rückkehr in die Heimat geholfen zu haben. Von der dritten Flüchtlingsgruppe kehrten Anfang März 2007 zehn Frauen zurück.

Die Russische Föderation
Im August (2006) setzte die Generalanwaltschaft der Russischen Föderation den Auslieferungsbefehl von 13 in Iwanowo inhaftierten Usbeken aus, solange ihre Berufung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig sei. Zuvor hatten die usbekischen Behörden die Entscheidung der russischen Behörden begrüßt, die Auslieferung der Asylsuchenden vorzunehmen, sobald deren Berufungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien. Im November versagte der Föderale Migrationsdienst der Russischen Föderation (FMD) den Männern ein temporäres Asylrecht. Im Dezember 2006 entschied das Bezirksgericht von Iwanowo, dass der FMD gegen eine Reihe von Gesetzen und Vorschriften verstoßen habe, als er den Männern ein temporäres Asylrecht verweigerte. Das Gericht befand, dass der FMD nicht den Nachweis erbracht habe, dass eine zwangsweise Überstellung der Männer an Usbekistan sie nicht der Gefahr der Folter und Misshandlung aussetzen würde. Das Gericht stellte auch fest, dass der FMD nicht zur Kenntnis genommen habe, dass das Amt des UNHCR die Männer als Flüchtlinge eingestuft habe. Am 5. März 2007 wurden die meisten dieser Usbeken aus der Haft entlassen, nachdem am 2. März die gerichtliche Entscheidung ergangen war, dass die Männer freizulassen seien, um die maximale Haftdauer in einer U-Haft-Einrichtung nicht zu überschreiten. Eine Gerichtsentscheidung zum kirgisischen Staatsbürger Mamirdschon Taschtemirow erging separat, er wurde am 6. März (2006) freigelassen. Nach ihrer Freilassung wurden alle 13 Männer in Russland als Antragsteller für temporäres Asyl registriert.
Am 18. Juni 2005 waren 14 ethnische Usbeken in Iwanowo (Russland) von der russischen Polizei verhaftet worden, nachdem die usbekischen Behörden ihre Auslieferung wegen angeblicher Beteiligung an den Ereignissen von Andischan, wegen Unterstützung von „Akramija“ und wegen Finanzierung „terroristischer Aktivitäten“ beantragt hatten. Einer der 14, der die russische Staatsbürgerschaft besaß, berichtete, er habe Usbekistan im Mai nur deshalb besucht, um seinen usbekischen Pass zu erneuern; er wurde am 11. Oktober 2005 freigelassen. Danach verließ er Russland und ging in die Ukraine, weil er befürchtete, vom usbekischen Geheimdienst entführt zu werden. In der Ukraine stellte er beim UNHCR einen Antrag auf Schutzgewährung und Asylstatus. Die anderen 13 – ein kirgisischer Staatsangehöriger und 12 usbekische – hatten im August 2005 in Russland Asyl beantragt. Der Föderale Migrationsdienst lehnte die Asylanträge der 13 Männer jedoch mit Bescheid vom 17. Januar 2006 ab. Die 13 Männer fochten den Bescheid vor Gericht an, blieben jedoch in erster und zweiter Instanz erfolglos.

Bairamali Jussupow (Yusupov), einem usbekischen Staatsangehörigen, der in Russland Asyl beantragt hatte, drohte Ende April 2006 die Auslieferung nach Usbekistan. Am 20. April (2006) wies ein Regionalgericht in der sibirischen Stadt Tiumen seine Berufung gegen den Auslieferungsbeschluss der Russischen Generalstaatsanwaltschaft zurück. Die Ablehnung des Gerichts beruhte auf einer Erklärung des russischen Geheimdienstes FSB, dass Bairamali Jussupows Bürgerrechte in Usbekistan gewährleistet seien. In einem Brief des FSB wurde erklärt, dass Usbekistan die Todesstrafe abgeschafft und die Praxis politischer Verfolgung beendet habe. Daher sei sein Leben nicht in Gefahr, wenn er zurückkehre. Bairamali Jussupow, der seit 2003 in Russland gelebt und gearbeitet hatte, wurde von den usbekischen Behörden wegen „versuchten Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung“ gesucht. Laut Berichten war Bairamali Jussupow wegen seiner eigenständigen muslimischen Überzeugung im Jahr 2000 von der Universität Samarkand exmatrikuliert worden. Er war weiderholt von Polizeibeamten wegen seiner angeblichen Beteiligung an extremistischen islamischen Organisationen verhört worden und hatte beschlossen, Usbekistan zu verlassen, nachdem ihn Geheimdienstbeamte verprügelt hatten, um von ihm das ‚Geständnis’ zu erpressen, er habe geplant, einen Gottesstaat zu errichten. Am 6. Oktober wurde Bairamali Jussupow aus dem Gerichtssaal freigelassen, nachdem das Regionalgericht von Tiumen entschieden hatte, seiner Beschwerde gegen den Auslieferungsbefehl stattzugeben. Zuvor, am 21. Juli, hatte der Oberste Gerichtshof der Russischen Föderation den Fall zur Revision ans Regionalgericht zurückverwiesen. Auf der Sitzung des Obersten Gerichtshofs waren Vertreter von Amnesty International und des russischen Menschenrechtszentrum Memorial anwesend.
Der Anwalt (m/w) von Bairamali Jussupow zitierte aus Berichten von internationalen Menschenrechtsgruppen, dass Folter und Misshandlung in Usbekistan systematisch angewandt werden und dass die Angeklagten nach einem unfairen Prozess zum Tode verurteilt werden können. Der Anwalt (m/w) wies auch auf Russlands Verpflichtungen hin, die sich aus dem internationalen Flüchtlingsrecht und dem Völkerrecht ergeben.

Ukraine
In der Nacht vom 14. auf den 15. Februar 2006 wurden 10 Asylsuchende aus Usbekistan, die in der Ukraine um internationalen Schutz nachgesucht hatten, zwangsweise von den ukrainischen Behörden nach Usbekistan überstellt. Ende Juni wurden sie vermutlich nach immer ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Trotz beträchtlicher Anstrengungen war es nicht möglich, ihren jetzigen Aufenthaltsort in Usbekistan in Erfahrung zu bringen. Die usbekischen Behörden hatten Berichten zufolge für 11 Männer internationale Haftbefehle ausgestellt, weil sie angeblich an den Ereignissen von Andischan beteiligt gewesen seien. Am 7. Februar 2006 soll der ukrainische Geheimdienst aufgrund der Haftbefehle die 11 Männer an zwei verschiedenen Orten auf der Krim verhaftet haben. Laut Berichten wurden sie in eine Hafteinrichtung des Innenministeriums in Simferopol (Ukraine) verlegt, und in der Nacht vom 14. zum 15. Februar wurden 10 von ihnen zwangsweise an Usbekistan ausgeliefert. Der elfte Mann konnte Berichten zufolge bleiben, weil er in der Ukraine Verwandte hatte.

Kasachstan
Am 29. November 2005 wurden neun usbekische Staatsbürger, darunter auch vier registrierte Asylsuchende, zwangsweise von Kasachstan nach Usbekistan abgeschoben. Vier Tage zuvor waren sie von Beamten des Komitees für Nationale Sicherheit (des kasachischen Geheimdienstes) verhaftet worden. Laut Berichten erhielten nur zwei der abgeschobenen Männer anfänglich Zugang zu Anwälten, die anderen wurden ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Bei den beiden handelte es sich um Alischon Mirganijew (Alizhon Mirganiev), der darauf in einer U-Haft-Anstalt des Innenministeriums in Taschkent in Haft gehalten wurde, und um Scharofuddin Latipow (Sharofuddin Latipov), seinerseits im Gebäude des Geheimdienstes in Taschkent inhaftiert.
Einer der abgeschobenen Männer war Ruhiddin Fachruddinow (Rukhiddin Fakhruddinov), der ehemalige unabhängige Imam der Chodscha-Nuriddin-Moschee (Khodzha-Nuriddin-Moschee) in Taschkent, der sich seit 1998 versteckt hielt. Laut Berichten wurde er im November 2005 vom usbekischen Geheimdienst in Gewahrsam genommen und bis März 2006 ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. In der Anklageschrift gegen Ruhiddin Fachruddinow soll dies dann so dargestellt worden sein, dass die Ermittlungen gegen ihn (erst) am 7. März eingeleitet und am 12. Mai (2006) abgeschlossen worden seien. Gegen ihn wurde nach zehn Artikeln des Strafgesetzbuchs Anklage erhoben, u.a. wegen Terrorismus (Art. 155), versuchten Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung (Art. 159), illegaler Ausreise (Art. 223), Verbreitung von Materialien, die eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen (Art. 244-1) und Bildung oder Teilnahme an religiösen, „extremistischen“, „separatistischen“, „fundamentalistischen“ oder anderen verbotenen Organisationen (Art. 244-2). Seine Anwältin, die schließlich Zugang zu ihrem Mandanten erhalten hatte, berichtete, dass er sich in den Anklagepunkten des Terrorismus, des Extremismus und des versuchten Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung als unschuldig bekannt hatte. Nach Angaben seines Vaters gab er zu, dass er während seiner Zeit als Imam an der Moschee den Kindern Koranunterricht erteilt und dass er die Grenze illegal mit gefälschten Papieren überquert habe, als er Usbekistan verlassen musste. Ruhiddin Fachruddinow wurde im September nach einem nicht-öffentlichen Verfahren in Taschkent zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt.
Am 12. April wurden zwei weitere Männer, Scharofuddin Latipow und Nasim Rahmanow (Nozim Rakhmanov), nach einem nicht-öffentlichen Verfahren von einem Gericht in Taschkent zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Es lagen keine gesicherten Informationen vor, ob jemand von den verbleibenden sechs Männern vor Gericht gestellt wurde. Einige von ihnen waren möglicherweise Anhänger des unabhängigen Imams Obidchon Nasarow (Obidkhon Nazarov), der 1998 untertauchte (weitere Informationen zu Obidchon Nasarow siehe im Kasachstan-Kapitel).

Kirgisistan
Vier usbekische Flüchtlinge und ein Asylsuchender, die zwangsweise aus Kirgisistan abgeschoben worden waren, wurden im Untersuchungsgefängnis von Andischan in Haft gehalten, wie die usbekischen Behörden erklärten. Wegen ihrer angeblichen Beteiligung an den Ereignissen von Andischan seien strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden. Die usbekischen Behörden hatten zwar ihren kirgisischen Amtskollegen diplomatische Zusicherungen gegeben, das internationale Organisationen, darunter UN-Vertreter, Zugang zu den Männern erhalten würden, nachdem sie nach Usbekistan überstellt worden seien, aber bis März 2007 war ein solcher Zugang nicht gewährt worden. (Weitere Informationen siehe im Kirgisistan-Kapitel).

UNHCR
Am 20. März 2006 gaben die usbekischen Behörden dem Amt des UN-Flüchtlingshochkommissars (UNHCR) vier Wochen Zeit, das Land zu verlassen, mit der Begründung, dass der UNHCR seine Aufgaben in vollem Umfang erfüllt habe und „keine offensichtlichen Gründe für seine weitere Anwesenheit in Usbekistan“ bestünden. Im April 2006 kam der UNHCR dieser Aufforderung nach, äußerte aber massive Bedenken über das weitere Schicksal von rund 2000 afghanischen Flüchtlingen, die unter seiner Obhut standen. Die usbekischen Behörden hatten den UNHCR im August 2005 kritisiert, weil er 439 usbekische Flüchtlinge aus Kirgisistan nach Rumänien evakuiert hatte. Sie beschuldigten den UNHCR, die Flüchtlingskonvention von 1951 zu verletzen. Usbekistan ist kein Vertragsstaat der Flüchtlingskonvention.

Auslieferungsersuchen an die usbekischen Behörden
Im März 2006 wurde der 37 Jahre alte kanadische Staatsbürger und ethnische Uighure aus der Autonomen Uighuren-Region Xinjiang (Nordwest-China) Husein Dzhelil, auch als Hüseyin Celil bekannt, in Usbekistan verhaftet, als er seine Verwandten besuchte, und Ende Juni 2006 an die chinesischen Behörden übergeben. In China wurde er ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten, und die chinesischen Behörden weigern sich, seine kanadische Staatsbürgerschaft anzuerkennen. Husein Dzhelil war Mitte der 1990er aus China nach Zentralasien geflohen, nachdem man ihn wegen seiner politischen Aktivitäten für die Rechte der Uighuren verhaftet hatte. 1999 beantragte er beim UNHCR-Büro in der Türkei Asyl. Er wurde als politischer Flüchtling anerkannt und ließ sich in Kanada nieder, wo er im November 2005 die kanadische Staatsbürgerschaft erhielt. Husein Dzhelil besuchte gerade die Familie seiner Frau in Usbekistan, als er am 27. März 2006 verhaftet wurde. Er wurde in Taschkent verhaftet, als er sich um eine Verlängerung seines Visums bemühte. Die Behörden teilten seinen Angehörigen, die ebenfalls die kanadische Staatsbürgerschaft besitzen, nicht mit, warum er verhaftet wurde. Vertreter der kanadischen Regierung durften ihn zum ersten Mal am 14. April für 20 Minuten besuchen. Laut Berichten wurden nur noch zwei weitere Besuche genehmigt, der letzte fand am 8. Mai statt. Sowohl seinem Anwalt wie seinen Verwandten wurde der Zugang zu ihm verweigert, die Verwandten durften nur Essen, Kleidung und Geld für ihn abgeben. Wie Amnesty International erfahren hat, wurde er ab Ende April oder Anfang Mai in der Haftanstalt Kuilak nahe Taschkent festgehalten. Als sein Schwiegervater am 9. Juni ein Essenspaket für ihn abgeben wollte, teilten ihm die Gefängniswärter laut Berichten mit, dass Husein Dzhelil von Beamten des Geheimdienstes abgeholt und an einen unbekannten Ort gebracht worden sei. Später stellte sich heraus, dass er an China überstellt worden war.
Im Februar 2007 begann in Urumxi, der Hauptstadt der Autonomen Uighuren-Region Xinjiang, ein Prozess gegen Husein Dzhelil. Vor Gericht gab Husein Dzhelil an, dass sein zuvor gemachtes Geständnis unter Folter abgelegt worden sei. Nach Auskunft ihm nahestehender Personen erklärte er, dass er nach seiner Auslieferung an China im Juni 2006 während der ersten 15 Tage in Haft mit Hunger und Schlafentzug gefoltert worden sei. Auch gab er an, dass die chinesischen Behörden ihm damit gedroht hätten, ihn „verschwinden“ zu lassen und „bei lebendigem Leib zu begraben“, falls er das gewünschte Dokument nicht unterschreibe. Dieses Dokument wurde später als „Geständnis“ qualifiziert, obwohl Husein Dzhelil später angab, dass er nicht wusste, was er da unterschrieben hatte. Am Prozess von Husein Dzhelil nahmen seine Familienangehörigen in der Autonomen Uighuren-Region Xinjiang sowie chinesische Behördenvertreter teil. Die Behörden hatten zuvor den Eindruck erweckt, dass gegen ihn in Zusammenhang mit „terroristischen“ Aktivitäten ermittelt werde, vor Gericht wurden aber anscheinend keine (diesbezüglichen?) Anklagen verlesen. Statt dessen wurde er vor Gericht über seine eigenen Aktivitäten und über die anderer Uighuren in Kanada und Zentralasien befragt.

Die Todesstrafe
Laut Berichten war nahe dem Gefangenenlager Yaslik (Zhaslik) in der Wüste von Karakalpakstan eine neue Haftanstalt für zu lebenslänglicher Haft verurteilte Gefangene im Bau. Der UN-Sonderbeauftragte gegen die Folter sowie Menschenrechtsorganisationen, darunter auch Amnesty International, hatten zuvor schon schwere Bedenken über die Haftbedingungen im Lager von Yaslik geäußert.

Tuberkulose im Todestrakt
Am 1. März 2006 starb Aleksei Buriatschek (Buriachek), der im Todestrakt des Taschkenter Gefängnisses in Haft war, an Tuberkulose. Am 4. März überließen die Gefängnisbehörden seiner Mutter den Leichnam für die Beerdigung.
Der 1976 geborene Aleksei Buriatschek war im Januar 2003 vom Stadtgericht Taschkent zum Tode verurteilt worden. Er war für schuldig befunden worden, im Juli 2002 eine Frau und ihre Tochter ermordet zu haben. Nach seiner Verhaftung wurde er Berichten zufolge von der Polizei verprügelt, damit er die Morde „gestehe“. Im Gefängnis verlor er sein Augenlicht, seit Oktober 2003 ist er blind. Die Berufungskammer des Stadtgerichts Taschkent bestätigte das Todesurteil im März 2004. Das UN-Menschenrechtskomitee ersuchte die usbekischen Behörden, seine Hinrichtung auszusetzen, während das Komitee sich mit Vorwürfen von Verletzungen des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte befasse. Amnesty International hatte dringend die Umwandlung des Todesurteils gegen Aleksei Buriatschek und die Untersuchung der Foltervorwürfe gefordert.
Angesichts des Todes von Aleksei Buriatschek infolge Tuberkulose blieb Amnesty International über den Gesundheitszustand von Iskandar Chudaiberganow (Khudaiberganov) besorgt, der weiterhin im Todestrakt des Taschkenter Gefängnisses in Haft gehalten wurde. Die Besorgnis galt auch den Mitgefangenen und Anstaltsbediensteten, die ebenfalls dem Risiko der Ansteckung mit Tuberkulose ausgesetzt sind. Amnesty International forderte eine angemessene medizinische Behandlung und bessere Haftbedingungen. Bei Iskandar Chudaiberganow war im Jahr 2004 Tuberkulose festgestellt worden, und laut Berichten erhielt er keine angemessene Behandlung.
Nach Angaben der „Mütter gegen Todesstrafe und Folter“ waren mindestens 25 Gefangene im Taschkenter Todestrakt inhaftiert, von denen im April 2006 laut Berichten 20 an Tuberkulose erkrankt waren. Im Gefängnis sei zwar ein Arzt angestellt, es seien aber nur wenige Medikamente verfügbar, was auch eine angemessene Behandlung der Tuberkulose betreffe. Die Gefangenen würden nur einmal im Jahr im Lungenbereich geröntgt. Die Zellen des Todestrakts liegen laut Berichten im Keller und sind entweder 4 oder 6 Quadratmeter groß, die sich gewöhnlich zwei Todeskandidaten teilen müssen. Zum Schlafen können hölzerne Pritschen aufgeklappt werden. In den Zellen ist ein Rohr mit Trinkwasser und ein Topf oder ein Loch unter der Pritsche, das als Toilette dient. Die Belüftung funktioniert nicht. Laut Berichten gibt es kein natürliches Licht. Seit 2005 haben die Behörden anscheinend vor allem als Reaktion auf internationalen Druck den Gefangenen einen 20- bis 30-minütigen täglichen Hofgang im Sommer und zwei bis drei Mal pro Woche einen Hofgang im Winter erlaubt. Die Angehörigen dürfen die Gefangenen einmal im Monat besuchen. Das Gefängnisessen ist von miserabler Qualität, und den Angehörigen wird nicht erlaubt, Essen für die Gefangenen im Todestrakt abzugeben. Das Frühstück besteht aus Brot und gekochtem Wasser, das Mittagessen aus Suppe oder Kohl, und das Abendessen aus Haferbrei. Tuberkulose-Kranke erhalten eventuell zusätzliche Nahrung. Schlechte Haftbedingungen, darunter eine schlechte Ernährung, können zu einer Schwächung des Immunsystems beitragen, die ihrerseits die Gefangenen dafür anfälliger macht, eine aktive Tuberkulose zu entwickeln.

Dekret zur Schaffung einer Arbeitsgruppe für die Abschaffung der Todesstrafe
Am 29. Juli 2006 unterzeichnete Präsident Islam Karimow ein Dekret zur Schaffung einer Arbeitsgruppe für die Abschaffung der Todesstrafe. Die Arbeitsgruppe erhielt u.a. den Auftrag, einen Gesetzesentwurf für die notwendigen Änderungen des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung vorzubereiten, um darin die Todesstrafe durch lebenslängliche Haft zu ersetzen, und einen Zeitplan aufzustellen, wann diese Änderungen dem Parlament vorgelegt werden sollen. Der Erlass des Präsidenten vom 1. August 2005, die Todesstrafe abzuschaffen, soll am 1. Januar 2008 in Kraft treten. Das Parlament muss daher die notwendigen Gesetzesänderungen zur Abschaffung der Todesstrafe vor diesem Datum verabschieden.

Übersetzung aus dem Englischen beendet am 6. Juli 2008, Georg Warning.
Verbindlich ist einzig das englische Original.

Siehe auch:
Central Asia: Summary of Human Rights Concerns: March 2007 – March 2008
Index Number: EUR 04/001/2008
Date Published: 9 April 2008

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