Sunday, March 11, 2007

 

FRANKREICH - SUCHE NACH GERECHTIGKEIT

7. Teil in der Serie (siehe 4. März)
1.2. Polizei und polizeiliche Kontrollmechanismen
Der französische Gesetzesvollzug obliegt traditionell der zivilen Nationalpolizei unter der Kontrolle des Innenministers und der gendarmerie nationale, die dem Verteidigungsminister untersteht und neben dem Heer, der Marine und der Luftwaffe als fester Bestandteil des Militärs gilt. Gendarmen können in ziviler wie in militärischer Funktion eingesetzt werden. Die Nationalpolizei ist vorwiegend in den Städten und städtischen Agglomerationen tätig, während die Gendarmen, die auf die Maréchaussée, einer im 16. Jh. geschaffenen Militäreinheit zurückgehen, über ganz Frankreich verteilt und vorwiegend in ländlichen oder erst seit kurzem urbanisierten Gebieten konzentriert sind. Ihre Satzung, die durch das Gesetz vom 28. Germinal des Jahres VI (17 April 1798), verabschiedet wurde, ist noch in Kraft.

Die Nationalpolizei wurde durch ein Gesetz vom 9. Juli 1966 geschaffen. Sie umfasst eine Reihe von Spezialeinheiten wie die PAF (Police aux frontières - Grenzschutz), die in Grenzbereichen, darunter auch an Flughäfen, tätig ist; die UNESI (Nationale Begleitschutz-, Unterstützungs- und Einsatztruppe), die z.B. Abschiebungen eskortiert; und Spezialeinsatzkräfte bzw. “Anti-Terror”-Einheiten. Eine Sondereinheit, die hier zu nennen ist, sind die BAC (Brigades Anti-Criminalité), die Brigaden zur Kriminalitätsbekämpfung. Sie werden gegen „Mittel- und Kleinkriminalität“ (“la petite et la moyenne délinquance”) eingesetzt. Die BAC geraten oft in den sozialen Brennpunkten der Städte, den Vororten oder städtischen Agglomerationen mit jungen Menschen in Konflikt, und haben seit den 1980ern einen zweifelhaften Ruf erworben. Eine weitere Sondereinheit zur Bekämpfung von Unruhen ist die CRS (Compagnies républicaines de sécurité). Die Abteilungen der Justizpolizei unter dem Dach der Direction Régionale de la Police Judiciaire (DRPJ - Regionaldirektion der Justizpolizei), dienen der Justiz als Hilfskraft. Sie sind aber auch bei der Verhütung und Verfolgung des organisierten Verbrechens wie Drogen- oder Menschenhandel, Betrug und “Terrorismus” im Einsatz. Der Aufgabenbereich der Justizpolizei wurde in den letzten Bereich um die Bekämpfung städtischer Gewalt erweitert.
Das französische Strafgesetzbuch sieht Sanktionen für Polizeibeamte vor, die illegaler Akte für schuldig befunden wurden. Auch haben die Polizeikräfte ihre eigenen Verhaltenskodizes, die für die Einhaltung ethischer Normen und insbesondere der französischen Menschenrechtserklärung, der französischen Verfassung und internationaler Gesetze und Abkommen im polizeilichen Handeln sorgen sollen. Zu den wichtigsten Artikeln des Verhaltenskodex der Nationalpolizei, der auf ein Dekret vom 18. März 1986 zurückgeht und jedem Polizeibeamten ausgehändigt wird, gehören:
Strafrechtliche und disziplinarische Ermittlungen gegen die Polizei werden von einer Spezialeinheit innerhalb der Nationalpolizei ausgeführt, der Inspection Générale de la Police Nationale (IGPN), die im Oktober 1986 geschaffen wurde. Sie deckt das gesamte französische Territorium mit Ausnahme von Paris ab, wo das entsprechende Gremium Inspection générale des services (IGS) heißt. Einzelpersonen können direkt gegenüber Polizeibeamten Anzeige erstatten. Die Gendarmerie nationale hat eine vergleichbare interne Aufsichtsinstanz, die Inspection de la Gendarmerie Nationale. Interne polizeiliche Ermittlungen können mehrere Monate dauern. Die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen werden dann an den Staatsanwalt weitergeleitet. Dieser entscheidet, ob rechtliche Maßnahmen in Form einer Anzeige an einen Ermittlungsrichter zu ergreifen sind.
Schon 1997 hat das UN- Menschenrechtskomitee (der ‚Ausschuss‘) in seinen abschließenden Bemerkungen zum dritten periodischen Bericht Frankreichs über die Umsetzung des Internationalen Pakts für bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) seine ernsten Bedenken über die Zahl und Schwere der Vorwürfe seitens festgenommener und anderer, in Konflikt mit den Beamten geratener Personen geäußert, die bei ihm wegen Misshandlungen durch Beamte mit Polizeibefugnissen eingegangen waren. Es zeigte sich besorgt, dass „in den meisten Fällen Beschwerden gegen solche Misshandlungen von den internen Instanzen der Polizei und der Gendarmerie nationale gar nicht oder nur höchst dürftig untersucht werden, was zu einer faktischen Straflosigkeit führt”.8

Das Versagen der IGS, seine Aufgabe als „Polizei der Polizei“ wirksam und unparteiisch zu erfüllen, war auch im Oktober 2004 noch aktuell. Damals wurde die IGS vom Präsidenten der CNDS (siehe unten) wegen ihrer Trägheit kritisiert, die sie in Fällen an den Tag legt, die zu ihrer Kenntnis gebracht werden. Bei seiner Kritik bezog sich der Präsident Pierre Truche ausdrücklich auf den Angriff der Polizei auf ein Cafe der Kabylen (algerische Berber) in Paris in der Silvesternacht von 2003 auf 2004. Dabei wurde eine friedliche Feier abrupt mit Tränengas beendet, eine Person starb infolge des Einsatzes (siehe Abschnitte 2 und 5.8.).

8 Abschließende Bemerkungen des Menschenrechtskomitees: France, UN Doc. CCPR/C/79/Add.80 (im folgenden: MRK – abschließende Bemerkungen), 4. August 1997, Paragraph 16.

Comments: Post a Comment



<< Home

This page is powered by Blogger. Isn't yours?