Wednesday, February 07, 2007

 

FRANKREICH - SUCHE NACH GERECHTIGKEIT

Dies ist der Auftakt zu einer Folge, die sich mit Polizeigewalt in Frankreich befasst. Der Text wurde von Georg Warning aus dem englischen Original übersetzt: France: The search for justice : The effective impunity of law enforcement officers in cases of shootings, deaths in custody or torture and ill-treatment (6. April 2005)

siehe auch: Europe and Central Asia Summary of Amnesty International’s Concerns in the Region
January - June 2005,darin unter "France" (1. December 2005), und: Amnesty International Annual Report 2006 France

Faktische Straflosigkeit von Beamten mit Polizeibefugnissen
Schusswaffengebrauch, Tod im Gewahrsam, Folter und Misshandlung


Einführung

"Ich hatte wirklich an die Gerechtigkeit geglaubt," sagte ein Opfer polizeilicher Gewalt zu Amnesty International, nachdem seine Anzeige vom Staatsanwalt zu den Akten gelegt worden war.

Das Opfer (dessen Fall in diesem Bericht geschildert wird) gab an, im Februar 2002 bei einem Vorfall interveniert zu haben, den er auf dem Heimweg beobachtet hatte, als er das Eid al-Adha, das muslimische Opferfest, feiern wollte. Auf diesen Vermittlungsversuch hin wurde er von Polizisten attackiert, die sein Nasenbein brachen. Auch gibt er an, von ihnen rassistisch beleidigt und gedemütigt worden zu sein, während 15 weitere Beamten passiv daneben standen und zuschauten.

Dieser Angriff wurde von mehreren Personen beobachtet, deren Aussagen Vertretern von Amnesty International zugegangen sind. Obwohl die Angaben des Opfers von vielen Zeugen und durch ärztliche Atteste, die eine Reihe von Verletzungen bescheinigten, bestätigt wurden, verfolgte der Staatsanwalt anscheinend die Anzeige nicht weiter und stellte das Verfahren ein

Der Beschwerdeführer war daher gezwungen, entweder die Sache aufzugeben oder das Verfahren privat weiter zu betreiben.
Dieser Fall ist keineswegs untypisch für die Art, wie die französische Strafjustiz Opfern von Menschenrechtsverletzungen das Recht auf Wiedergutmachung und Entschädigung, auch finanzielle Leistungen, vorenthält. Seit vielen Jahren schon dokumentiert Amnesty International, wie die Behörden auf Vorwürfe gegen Beamte mit Polizeibefugnissen wegen Folter, Misshandlung und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung bis hin zu illegalen Tötungsdelikten reagiert.1 Da Amnesty International diese Fälle schon so lange beobachtet, konnte sie oft ihren Gang durch die ganzen, oft langwierigen rechtlichen Instanzen verfolgen und so die Effektivität der verschiedenen Etappen dieses Sysstems beurteilen. Die große Mehrheit der Fälle erleidet stets das selbe Schicksal: interne polizeiliche Ermittlungen, gekoppelt mit der willkürlichen Ausübung staatsanwaltlicher Vollmachten ließen die Strafverfolgung gegen Verantwortliche von Menschenrechtsverletzungen in vielen Fällen ins Leere laufen. Viele Verfahren wurden eingestellt, bevor sie auch nur ein Gericht erreichten, selbst dann, wenn glaubwürdige Beweise vorlagen, dass eine Rechtsverletzung stattgefunden hatte. Selbst wenn solche Fälle vor Gericht gelangen, sind Schuldsprüche relativ selten, und wenn, dann sind die Strafen nicht der Rede wert. Die französische Zeitung Le Monde hat es auf den Punkt gebracht: "Für Polizisten sieht die Justiz einen Sondertarif vor: sie werden nie schwer gestraft." 2

1 1994 veröffentlichte Amnesty International den Bericht, France: Shootings, killings and alleged ill-treatment by law enforcement officers (AI Index: EUR 21/02/94), in dem Fälle von Schusswaffengebrauch,Tötungen und Misshandlung bzw. mutmaßlicher Misshandlung von Gefangenen durch Beamte mit Polizeibefugnissen dargestellt wurde. 1998 folgte eine später veröffentlichte Eingabe an das UN-Anti-Folter-Komitee.

Diese Eingabe, France: Excessive force: A summary of Amnesty International's concerns about shootings and ill-treatment (AI Index: EUR 21/05/98), kam zum Schluss, dass die Bedenken von 1994 im Wesentlichen unverändert fortbestanden. Seitdem hat Amnesty International weitere Fälle untersucht, darüber berichtet und sich für die Opfer eingesetzt.

2
Le Monde, “La France des ‘bavures’”, 18 April 2000

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