Monday, August 06, 2007

 

* FRANKREICH - SUCHE NACH GERECHTIGKEIT

19. Teil in der Serie
(vom Original "France: The search for justice", AI Index EUR: 21/001/2005
übersetzt von Georg Warning; siehe 1. August 2007; Anfang unter: Februar 2007)


2.9. Problem der Identifizierung
Amnesty International ist über Fälle besorgt, die mit einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens enden, weil die verantwortlichen Polizisten nicht zu identifizieren waren. Das Problem, die Polizeibeamten zu identifizieren, die eventuell in Menschenrechtsverletzungen verwickelt waren, ergibt sich vor allem dann, wenn ein mutmaßliches Opfer polizeilichen Machtmissbrauchs keine polizeiunabhängigen Zeugen hat, oder wenn Polizisten sich weigern, gegen ihre Kollegen auszusagen oder wenn diejenigen, die die Ermittlungen durchführen, von ihnen keine Zeugenaussagen einholen. Ein Problem entsteht natürlich auch, wenn Beamte in Zivilkleidung agieren und keine Armbinde mit Nummer tragen, oder wenn sie keine eindeutigen Identifizierungszahlen auf ihren Uniformen tragen.

Im Januar 2005 beendete das Berufungsgericht von Paris ein Untersuchungsverfahren wegen polizeilicher Misshandlung, der Abdelhamid Hichour und Abdassamad Ayadi am 30. September 1999 in l’Hay-les-Roses ausgesetzt waren. Das Gericht stimmte zu, dass die polizeiliche Gewaltanwendung “illegal” (“illégitime”) und “unentschuldbar” (“inexcusable”) gewesen sei, konnte unter den vielen anwesenden Beamten die Verantwortlichen jedoch nicht identifizieren. Laut Berichten nahmen bis zu 25 Polizeimannschaften an der Festnahme teil, die auf einen Einbruch und eine Auto-Verfolgungsjagd folgte. Einigen Polizeibeamten war es gelungen, die beiden jungen Männer in ihre Gewalt zu bringen. Hierauf ließ eine andere Gruppe nicht identifizierter Beamter einen Hagel von Schlägen auf die beiden niedergehen, speziell auf Abdelhamid Hichour, der dabei bewusstlos wurde. Die beiden Opfer wurden darauf für 10 bzw. 9 Tage völlig arbeitsunfähig geschrieben (incapacité totale de travail – ITT). Trotz der Ermittlungen eines Untersuchungsrichters von Créteil, in deren Verlauf die Beamten systematisch den Misshandlungsopfern gegenübergestellt wurden, war eine Identifizierung nicht möglich, laut Berichten deshalb, weil eine so große Zahl von Polizisten an diesem Vorfall beteiligt war. Der Fall wurde daher am 22. Oktober 2002 geschlossen (ordonnance de non-lieu). Die Entscheidung wurde im Januar 2005 bestätigt.

In ihrem Jahresbericht 2003 erwähnte die CNDS den Fall der beiden Brüder Samir und Mounir Hammoudi, beides Studenten marokkanischer Abstammung, die im Juli 2002 von Polizisten massiv geschlagen wurden, sowohl während ihrer Haft in der Polizeiwache von Saint-Denis (Seine-Saint-Denis) als auch davor. Während der Dauer des Polizeigewahrsams mussten sie zur Behandlung ihrer Verletzungen in drei verschiedene Krankenhäuser gebracht werden. Die IGS bestätigte, dass die Polizeibeamten illegal Gewalt gegen sie ausgeübt hätten. Beim Gericht von Bobigny wurde ein Ermittlungsverfahren eröffnet, die CNDS übermittelte die Beweismittel sowohl an den Staatsanwalt als auch an den Innenminister. Die CNDS erwähnte eine Antwort, die sie 2002 vom Innenminister erhalten hatte, wonach es “verfrüht” sei, Disziplinarmaßnahmen zu erwägen, da angesichts der Zahl der an den Übergriffen beteiligten Beamten keine persönliche Verantwortung festgestellt werden konnte.

Der Fall von Baba Traoré (5.3.) veranschaulicht die Probleme, die man hat, wenn man versucht, Anzeige zu erstatten und keine anderen Zeugen existieren als Polizisten, die aus Gründen der “Solidarität” nicht bereit sind, gegen Kollegen auszusagen. Dies scheint auch bei Karim Latifi (5.5.) der Fall zu sein, obwohl es bei dem Angriff gegen ihn zahlreiche Augenzeugen gab.

Der Bericht von Citoyens-Justice-Police (siehe oben) erwähnt den Fall eines (unbewaffneten) Mannes, der eine gewalttätige Auseinandersetzung mit mehreren Polizeibeamten hatte, als er am 9. August 2000 eine Diskothek in Mulhouse verließ. Der alkoholisierte Mann wurde zur Polizeiwache gebracht. Auf der Fahrt wurde er so hart ins Gesicht geschlagen, dass die Verletzungen nach Einschätzung des Arztes 27 Tage zur Heilung benötigten. Der Mann erstattete Anzeige. Das Strafgericht Mulhouse erkannte an, dass er gewaltsam angegriffen worden sei, sprach aber beide Beamten frei, weil es nicht feststellen konnte, wer von den beiden den Schlag geführt hatte.

* Nachrichten von Europa in Kürze

timesonline.co.uk Dia-Folge:
The police shooting of Jean Charles de Menezes
(siehe Mittelspalte)

The Guardian berichtet, dass Bisher al-Rawi sich als einer von drei ehemaligen Guantánamo Gefangenen einer Anklage von der American Civil Liberties Union gegen die Flugfirma Jeppesen angeschlossen hat, die beschuldigt wird, ihre Boing für "Geisterflüge" zu geheimen Gefängnissen zur Verfügung gestellt zu haben.
'Torture flight' airline sued by MI5 informer von David Rose

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