Monday, August 20, 2007

 

* FRANKREICH - SUCHE NACH GERECHTIGKEIT


20. Teil in der Serie

(vom Original "France: The search for justice", AI Index EUR: 21/001/2005
übersetzt von Georg Warning; siehe 6. August 2007; Anfang unter: Februar


3. Polizeiliche Todesschüsse
Im vergangenen Jahrzehnt hat Amnesty International wiederholt ihre Besorgnis über Berichte geäußert, wonach Polizeibeamte leichtfertig und der Situation völlig unangemessen Zwangsmittel anwenden. Sie hat sich - wie schon erwähnt -auch besorgt über den rechtlichen Ausgang solcher Fälle gezeigt, namentlich über die Verschleppung der Verfahren, Verhängung rein symbolischer Strafen, unzureichende Berufungsmöglichkeiten für Zivilparteien und den Missbrauch von "Notwehr" und "Notstand", um Polizeibeamte von der strafrechtlichen Verantwortung zu befreien.

Das Recht auf Leben wird nach Artikel 2 der EMRK (es darf nur das absolut notwendige Maß an Gewalt eingesetzt werden) und Artikel 6 des IPbpR (niemand darf willkürlich seines Lebens beraubt werden) garantiert. Darüber hinaus verlangen internationale Standards, dass alle Staaten sicherstellen, dass Beamte mit Polizeibefugnissen
Falls der Einsatz von Zwangsmitteln und Schusswaffen unvermeidbar ist, bestimmt Prinzip 5 der UN-Grundprinzipien unter anderem, dass Beamte mit Polizeibefugnissen:

"a) Zurückhaltung bei dem Einsatz zu üben und die Verhältnismäßigkeit gegenüber der Schwere der Straftat und dem legitimen Handlungsziel zu wahren (haben);
b) den Schaden und die Verletzungen auf ein Mindestmaß zu beschränken und das
menschliche Leben zu achten und zu wahren (haben);
c) sicherzustellen (haben), daß jeder verletzten oder sonst beeinträchtigten Person zum frühestmögli-chen Zeitpunkt Hilfe und ärztliche Versorgung zuteil wird;"

International Normen betonen die Bedeutung der Verhältnismäßigkeit, wenn es darum geht zu beurteilen, ob der Einsatz von Gewalt zum Schutz des Lebens legitim und absolut unvermeidbar ist. Prinzip 9 der Grundprinzipien für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schußwaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen besagt: "… Beamte mit Polizeibefugnissen dürfen gegen Personen nicht von der Schußwaffe Gebrauch machen, es sei denn zur Selbstverteidigung oder zur Verteidigung anderer gegen eine gegenwärtige Gefahr für das Leben oder eine gegenwärtige Gefahr schwerer Körperverletzung" oder um die Begehung "… eines besonders schwerwiegenden Verbrechens, das eine ernstliche Gefahr für menschliches Leben bedeutet," zu verhüten bzw. "zur Festnahme einer eine solche Gefahr verkörpernden Person" und "nur dann, wenn diese Zwecke durch mildere Mittel nicht erreicht werden." Der Artikel fährt fort: " Ein gezielter tödlicher Schußwaffengebrauch ist allenfalls dann zulässig, wenn er zum Schutze menschlichen Lebens absolut unvermeidbar ist."

Prinzip 7 fordert die Regierungen auf, sicherzustellen, dass "der willkürliche oder mißbräuchliche Einsatz von Gewalt oder Schußwaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen als eine Straftat nach seinem Recht bestraft wird." Regierungen und Polizeiorgane sind weiterhin gehalten, ein "wirksame Berichts- und Überprüfungsverfahren" einzurichten, wenn die Anwendung von Gewalt und der Gebrauch von Schußwaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen den Tod oder eine schwere Körperverletzung verursacht.

Prinzip 9 der Prinzipien über eine wirksame Verhütung und Untersuchung außergesetzlicher, willkürlicher und standrechtlicher Hinrichtungen 42besagt: "In allen mutmaßlichen Fällen außergesetzlicher, willkürlicher und standrechtlicher Hinrichtungen, darunter auch in Fällen, in denen Beschwerden von Angehörigen oder andere verlässliche Berichte einen unnatürlichen Tod annehmen lassen, ist eine gründliche, zügige und unparteiische Untersuchung abzuhalten…" Prinzip 18 besagt, dass die Täter vor Gericht zu stellen sind. Prinzip 11 bestimmt, dass dann, wenn die geschaffenen Ermittlungsverfahren mangels Expertise oder mangels Unparteilichkeit oder wegen der Bedeutung des Falls oder wegen Klagen der Familie über unangemessene Ermittlungsverfahren oder aus anderen gewichtigen Gründen ungeeignet sind, die Regierungen eine unabhängige Untersuchungskommission mit der Durchführung betrauen sollen.

Prinzip 20 fordert, dass die Familien und Angehörigen von Opfern solcher Hinrichtungen das Recht haben sollen, innerhalb vernünftiger Zeit angemessen entschädigt zu werden.

Amnesty International ist u.a. über die dehnbaren und gelegentlich phantasievollen Interpretationen der Begriffe der "Notwehr" und des "Notstands" höchst beunruhigt, und fordert die Behörden auf, die Anwendung des Gesetzes durch die Gerichte zu überprüfen. Im folgenden Abschnitt werden fünf Beispiele - es gibt noch mehr - für Todesschüsse aufgeführt, die zwischen 1995 und 2003 vor Gericht kamen. Da der Ursprung dieser Fälle mehrere Jahre zurück liegt und sie jetzt abgeschlossen sind, ist es möglich, ihre Geschichte von Anfang bis Ende zu verfolgen. Die Bedenken, die sie wecken, sind noch immer aktuell. Keines der Opfer, um die es hier geht, trug eine Schusswaffe, mehrere von ihnen waren bis dahin nicht vorbestraft.

40 Grundprinzip 4 der Grundprinzipien für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schußwaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen (UN Basic Principles), angenommen vom Achten Kongreß der Vereinten Nationen für Verbrechensverhütung und die Behandlung Straffälliger, der vom 27. August bis zum 7. September 1990 in Havanna, Kuba, stattfand.
41 Verhaltenskodex für Beamte mit Polizeibefugnissen, angenommen von der UN-Vollversammlung mit Resolution 34/169 vom 17. Dezember, Artikel 3, Kommentar.
42 Empfohlen durch Resolution des Wirtschafts- und Sozialrats 1989/65 vom 24. Mai 1989

* Nachrichten von Europa in Kürze

The Guardian berichtet von Vorwürfen von Folter im Fall eines mit "Terrorismus" angeschuldigten Briten, Mohammed Fahsi, der in Spanien im Januar 2006 verhaftet worden war. Die Misshandlungen seien in den ersten vier Tagen seiner Haft in Madrid erfolgt und entsprächen dem Muster von Guantánamo-Misshandlungen: extreme Kälte, Schläge, Schlafentzug, Lichtüberflutung und Drohungen. Der Sprecher der Zivilgarde behaupte, diese Vorwürfe seien unzutreffend.
siehe Artikel: Terror suspect's family claims he was tortured by Spanish police von Duncan Campbell und Giles Tremlett

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